Der eine oder andere von Ihnen wird sich beim Besuch meiner Seite manchmal fragen, warum hier neben Yoga auch andere Themenbereiche abgehandelt werden.
Das nebenstehende Bild zeigt Dr. Hansaji Yogendra, die Präsidentin des Yogainstituts in Mumbai mit dem indischen Premierminister Narendra Modi anlässlich des „International Day of Yoga“ in Rajpath Delhi.
Hansaji ist die Witwe meines Gurus Dr. Jayadeva Yogendra und führt die Yogatradition des Instituts fort. Wir kennen uns seit über 40 Jahren und es liegt mir fern, mich negativ zu äußern. Als ich dieses Bild sah, kamen mir aber einige kritische Gedanken.
Generell könnte man sagen, dass das Ziel des klassische Yoga die Transzendenz der materiellen Welt ist. Das „Hauptwerkzeug“ ist die Konzentration, die zu Meditation und schließlich zu Erkenntnis der höheren Realität führt. Dazu müssen die Sinne (Indriyas) kontrolliert werden. Idealerweise sollte man sich dazu vom Trubel der Welt fernhalten. Deswegen gingen die Yogis seit alters her in die Wälder und Berge. Nun haben wir alle unser Dharma zu erfüllen. Hansaji kann nicht in die Wälder gehen, sonst würde das Institut aufhören zu existieren.
Die meisten von uns sind in ähnlichen Situationen. Wir leben unser Dharma in der Welt. Das macht es erforderlich, dass wir uns in ihr verorten. Wie stehen wir zum „Rest der Welt“ ist eine Frage, die sich täglich stellt.
Premierminister Modi und seine BJP (Bharatiya Janata Party) sind Hindunationalisten. Das bedeutet, er und seine Partei streben einen quasi religiös hinduistisch basierten Staat an. Das widerspricht der bisherigen säkularen Verfassung, wie sie von den Gründervätern Ghandi und Nehru vorgesehen war.
Jawaharlal Nehru, der erste Premierminister nach der Unabhängigkeit, sagte damals: „Wir haben eine muslimische Minderheit, die so groß ist, dass sie, selbst wenn sie das wollte, nirgendwo anders hingehen kann. Sie muss in Indien leben. Wir müssen ihr Sicherheit und die Bürgerrechte eines demokratischen Staates geben.“ Diese säkulare Staatsform wird von der gegenwärtigen Regierung angegriffen. Mit unabsehbaren Folgen, denn die moslemische „Minderheit“ ist immerhin 150 Millionen stark.
Wer öfter auf meiner Seite ist, weiß, dass ich mich kritisch mit dem Islam auseinandersetze. Aber – die Moslems in Indien sind in erster Linie Inder. Das war zu sehen, als einer der Hauptimame zur Unterstützung der Taliban aufrief und ihm von seinen Glaubensbrüdern gesagt wurde, er solle dann eben nach Afghanistan gehen und nicht hier Unfrieden stiften.
Seit 1971 war Modi bei der Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS) engagiert. Dies ist eine radikal- hinduistische bzw. faschistische, hierarchisch strukturierte Kaderorganisation, die sich bei ihrer Gründung 1925 die deutschen und italienischen Faschisten zum Vorbild nahm.
Er war auch Chief Minister von Gujarat, als es dort 2002 zu einem Brandanschlag auf einen Zug mit hinduistischen Pilgern kam. 245 Hindus und 790 Moslems starben. Es kam zu Verstümmelungen und Massenvergewaltigungen. 150 000 Muslime kamen in Lager. Im Jahr 2005 wurde Modi von den USA wegen seiner „Verantwortlichkeit für schwere Verletzungen der Religionsfreiheit“ ein Einreisevisum verwehrt.
Es würde zu weit führen, noch mehr in Details zu gehen. Modi selbst pflegt einen asketischen Lebensstil mit vegetarischer Ernährung und Abstinenz von Tabak und Alkohol. Da liegt eine Affinität zu Yoga, als einer hinduistisch basierten Technik, nahe.
In der Neuen Zürcher Zeitung vom 13.2.2020 war zu lesen, dass es „ in der hindu-nationalistischen Regierung von Narendra Modi ein Ministerium gibt, das traditionelle indische Heilmethoden propagieren soll. Die haarsträubenden Methoden, die es nun für die Bekämpfung des Coronavirus vorschlägt, bringen die Ärzteschaft in Rage. Hintergrund ist eine Verlautbarung des Ayush-Ministeriums, einer Behörde, die traditionelle indische Heilmethoden erforschen und fördern soll («Ayush» steht für Ayurveda, Yoga, Unani, Siddha und Homöopathie). Wer zum Beispiel drei Tage lang auf leeren Magen eine homöopathische Dosis Arsen einnehme, könne dadurch eine Infektion vermeiden.“
Ich kann nicht beurteilen, ob das stimmt., aber mir kommt der Gedanke, dass da vielleicht die nationalistische Karte mit gespielt wird.
Kehren wir zurück zum Yogatag in Delhi. Es ist sicher eine Ehre, mit dem Premierminister in Kontakt zu kommen. Verbindungen zu staatlichen Stellen und Notabeln herzustellen und zu pflegen gehören zu den genuinen Aufgaben einer Direktorin.
Auch wir anderen sind in einem Netzwerk von Beziehungen. Manche pflegen wir gern, manche würden wir gerne lassen, aber sie sind notwendig.
Wir sollten aber immer wissen, wo wir und die anderen stehen, denn es sollte nicht so sein, dass wir uns unbewusst vor einen Karren spannen lassen, der nicht der unsere ist.
Wir sind zwar „Yogis“, aber die Welt, in der wir leben ist immer gegenwärtig. Deswegen heißt diese Seite „Yoga Life“.