Vorwärts, es geht voran oder doch nicht?

Eben habe ich im Deutschlandfunk, dem einzigen nennenswerten Rundfunksender neben all den Pipifaxsendern, eine Reportage über die Geschichte und aufgrund der E-Mails und SMS, wohl auch allmählichen Verschwindens des Briefes gehört.
Darin hieß es, dass der Service in dem gewohnten Umfang nicht mehr gewährleistet werden könne. Auf der anderen Seite aber Personal und Zeit eingespart werden müsse.

Ich war vor ca. drei Wochen in Peru und sah dort auf einem Dreirad, mit dem DHL – Logo einen Postboten Briefe austragen. DHL ist, wie jedermann weiß, die weltumspannende Tochter der Deutschen Post. Jetzt frage ich mich natürlich in meiner grenzenlosen Unschuld: „Was hat die Deutsche Post, die ja eigentlich von ihrem Auftrag her für die Versorgung der deutschen Bevölkerung zuständig ist,  in Peru zu suchen?“

Die Antworten der sogenannten Ökonomen nerven mich inzwischen nur noch. Da wird zum Beispiel gesagt, ein Unternehmen müsse wachsen, um auf dem Weltmarkt bestehen zu können. Frage: „Was hat die Post auf dem Weltmarkt zu suchen? Hat das damit zu tun, dass ich für ein kleines Päckchen an meine Tochter im Ruhrpott um die 5 € zahlen muss?“

Herr Mehdorn, der Ex Bahnchef, war, bevor er abgesägt wurde, auf Werbetour in Saudi – Arabien. In Berlin war der S – Bahnbetrieb in Richtung Ostkreuz und Friedrichshain reduziert, weil aus Kostengründen die Radreifen der Züge nicht richtig gewartet waren und somit aus dem Verkehr gezogen werden mussten. Im Hintergrund sehe ich den werten Mr. Shareholdervalue vorbeiwischen.

Wenn mir mit meiner Familie eine Bahnfahrt zu meinem Bruder nach Hamburg inzwischen zu teuer geworden ist, was bitteschön hatte dann der Herr Mehdorn in Saudi – Arabien zu suchen? Ist die Deutsche Bahn nicht primär für einen reibungslosen, kostengünstigen Transport der Deutschen (sagt ja der Name) zuständig?

Wenn mein Postbote morgens die Post bringt, rennt er, ohne links und rechts zu schauen zum Briefkasten und wirft rein, was er reinzuwerfen hat. Wenn ich im Sommer in einer Entfernung von 3 Metern auf der Terrasse sitze, tut er so, als wenn er mich nicht sieht, nur um nicht aufgehalten zu werden.

Ich will hier nicht meckern, aber ein paar Fragen aufwerfen, die uns alle angehen:

1. Trotzdem alles immer effektiver wird, wird es für den einzelnen Menschen nicht leichter und angenehmer, sondern härter und schlechter. Warum?
2. Jetzt kommt eine richtige Yogafrage: Was haben wir selbst, jeder einzelne damit zu tun, dass sich die Gesellschaft in diese Richtung entwickelt?
3. Hat das auch damit zu tun, dass wir wie die Irren gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit in den Innenstädten rumrennen, um irgend was zu kaufen, und uns dabei vom Menschen zum Konsumenten reduzieren?
4. Der Nobelpreisträger Mohamed Junus hat mit seiner Initiative der Verteilung von Kleinkrediten, vor allem an Frauen, in Bangladesch gezeigt, dass man im Kleinen mehr erreichen könnte, als mit all diesen Riesenprogrammen, wie der Rückblick über Jahrzehnte von staatlicher Entwicklungshilfe zeigt. Auch hier der Rückschritt trotz des scheinbaren Fortschritts.

Das, lieber Leser oder Leserin sind einige Gedanken, über die es sich nachzudenken lohnt. Yoga empfiehlt, Bedürfnisse zu hinterfragen.
Es gibt ja diesen schönen Ausspruch: Angenommen, es ist Krieg und keiner geht hin? Warum lassen wir uns als Konsumvieh missbrauchen und entziehen uns nicht?
Warum wählen wir Parteien, die immer wieder Wachstum propagieren, obwohl wir alle wissen, dass das den Planeten zugrunde richtet und uns auch?

In diesem Sinne

Ihr Gerhard Pflug

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