Es gab im Mittelalter einen Mystiker namens Jakob Böhme, seines Zeichens Schuhmachermeister.
Früher waren die Werkstätten der Schuhmacher noch nicht so hygienisch neonerleuchtet wie heute. Dunkel und mit dem typischen Geruch nach Leder, Pech und Leim vollgesogen, hatten sie etwas geheimnisvolles an sich. Die Älteren unter uns werden diese Atmosphäre noch kennen gelernt haben. Vor dem niederen Tisch der durch eine Arbeitslampe erhellt wurde, saß der Meister. Der übrige Raum lag in zwielichtigem Dunkel. Zu Böhmes Zeiten, als es noch keine Elektrizität gab, bestand die Lampe aus einer Kerze oder einem Kienspan. Um die Lichtausbeute zu erhöhen, war an der Lichtquelle ein Spiegel angebracht, der die Flamme reflektierte und streute. Als Böhme eines Tages wieder einmal sinnend, über seine Arbeit gebeugt, auf seinem Schemel saß, fiel sein Blick auf die dunkle Wand vor ihm, auf die ein heller Lichtkreis der Arbeitslampe fiel. Dies war der Moment einer blitzartigen Erkenntnis. Damit der Lichtkreis sichtbar werden konnte, war die dunkle Wand notwendig. Übertragen ins Allgemeine bedeutet das, dass es nichts ohne das jeweils Andere gibt. „Das Licht braucht das Dunkel“ weiterlesen