Die Quelle allen Leidens, allen Ärgers und aller Frustration liegt in der Unterscheidung. Dies drückt sich in den beiden Kleshas Raga und Dvesa aus.
Raga heißt, man will mit aller Macht etwas haben oder ist in seinen Wünschen sehr speziell, wie zum Beispiel, nur dieser Käse muss es sein und kein anderer. Und wenn der dann ausverkauft ist, ist man ganz unglücklich. Auch in menschlichen Beziehungen drückt sich das aus. Wenn man zum Beispiel meint, andere müssten sich genau so und nicht anders verhalten.
Das Gegenstück dazu ist Dvesa. Das ist die Ablehnung von allem, was nicht in die eigene Wunschliste passt.
Wer so lebt, und bei vielen von uns ist das der Fall, hat es nicht leicht, denn so wie Tag und Nacht sich abwechseln, so folgt auf ein Angenehmes ein Unangenehmes.
Mir kommt an dieser Stelle eine Figur des amerikanischen Underground-Comic-Zeichners Gilbert Sheldon in den Sinn und zwar Freewheelin‘ Franklin. Er ist eine der Figuren der „Fabulous Furry Freak Brothers“, einer Gruppe von Hippiechaoten, die sich um nichts scheren, außer dass immer genug „Stoff“ in der Bude ist.
Freewheelin‘ suggeriert ein Lebensgefühl der Art, dass man sich nicht einschränken lässt und den Tag lebt, wie er kommt. Die Freak Brothers konnten das nur, indem sie sich zugekifft haben. Aber es geht auch anders.
Von Osho stammt das Zitat: „Leben hat keinen Sinn in der Bedeutung von Zweck. Zweck ist menschlich oder auch materiegebunden. Leben findet statt! Ende der Durchsage!“
Angenommen, wir lassen uns auf ein Trainingsprogramm ein, dessen wichtigster Punkt darin besteht, dass wir beim morgendlichen Erwachen ganz bewusst denken:
„Heute ist ein wundervoller Tag und alles, was mir heute begegnet ist dazu da, mich weiter zu bringen in Richtung Erkenntnis. Alles ist speziell auf mich zugeschnitten (denn sonst würde es ja nicht passieren, denn Anderen passiert ja etwas ganz anderes). Ich werde alles genießen.“
Sehen Sie einfach, was passiert, wenn Sie so in den Tag starten!
Diese eine Affirmation beinhaltet eine Menge anderer nützlicher Haltungen. Sie zwingt uns zum Beispiel, bewusst im Augenblick zu leben. Das wiederum lässt uns alles intensiver erleben. Daraus folgt, dass manches, was wir eigentlich nicht so schätzen, eine ganz andere Qualität bekommt. Wir erleben, dass es nicht die Ereignisse sind, die uns ärgern, sondern unsere Sichtweise darauf.
Wir holen uns mit dieser Einstellung sozusagen das Glück ins Haus. So wie es der verstorbene amerikanische Psychologe und spirituelle Lehrer Ram Dass einmal ausdrückte. Alles ist „Schrot für die Mühle“. Alles wird verarbeitet, wie es kommt. Nicht die Ereignisse verderben uns das Dasein, sondern das Gejammere über das, was uns nicht in den Kram passt.
Das aber ist dem Leben herzlich egal!
Leben Sie wie Freewheelin‘ Franklin. Gleiten Sie frei über die Hügel und Täler des Daseins der Sonne entgegen oder auch dem Regen. Wenn Sie auf die Nase fallen, und das wird definitiv passieren, dann stehen Sie eben wieder auf. Was soll`s?
Jeder von uns trägt Strukturen in sich, die uns ärgern und von denen wir gern loskommen würden. Es sind die Schatten, wie Carl Gustav Jung sie nannte. Das, was wir gerne beiseite schieben würden, was sich aber nicht beiseite schieben lässt, weil es uns eben auch ausmacht, zu uns gehört. Und weil in diesen Schatten eine Menge an Energie steckt, die uns weiter treibt und ohne die wir nur halb der Mensch wären, der wir sind.
Falls Sie an Karma glauben, so werden Sie mit dieser Lebenseinstellung mehr Positives ansammeln als Negatives, und das Rad wird sich für Sie nicht so lange drehen.