Lasst fahren dahin…

IMG_20210914_154337Der Yogi zieht sich von der Welt zurück, um sich ganz der Suche nach der Erleuchtung, das heißt, der Erkenntnis der absoluten Realität zu widmen. Dieses von der Welt Zurückziehen ist so dahin gesagt, aber die Konsequenzen sind umfassend. Es bedeutet nämlich, allem was die Welt zu bieten hat, zu entsagen.

Aus alter Tradition sind die Klöster die Orte, an die man sich zu diesem Behuf zurückzieht. Aber – wie Swami Vivekananda richtig sagte: „Wer es im normalen Leben nicht zu einer spirituellen Haltung schafft, schafft es auch hinter Klostermauern nicht.“

Wir kennen viele kluge Sprüche, wenn wir wieder einmal den Verlockungen der Welt anheim gefallen sind.

Hier eine kleine Auswahl:

„Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.“

„Einmal ist keinmal.“

„Auf einem Bein steht sichs nicht gut.“ Usw.

Und so verbringt der liebe Mensch sein Leben im Bemühen, die niederen Triebe und Verlockungen so gut es geht im Zaum zu halten. Wir versuchen, den Hass, den Ärger und all die anderen negativen Gefühle durch Gedanken der Liebe zu ersetzen. Wenn wir immer wieder einmal „versagen“, stehen wir wieder auf. Auch hier stehen jede Menge aufmunternde Sprüche zur Verfügung:

„Der Weg ist das Ziel.“

„Nicht hinfallen ist Sünde, sondern das Aufgeben.“ Usw.

Werden wir einmal kurz hoch philosophisch, indem wir uns die Beziehung zwischen Geist (Purusha) und Materie (Prakrti), wie sie in den Yogasutren dargestellt ist, ansehen.

Der Geist ist in sich vollkommen, von Beginn an, nur ist er sich selbst seiner nicht bewusst. Deswegen benötigt er die Hilfe der Materie. Durch individuell verschiedenes Karma verbindet sich der Purusha bei jeder Inkarnation mit der Konglomeration von Materie, die ihm die nötigen Impulse gibt, um sich selbst zu erkennen.

Ein bekanntes Beispiel für die Beziehung, die zwischen beiden besteht, ist das Bild mit dem Lahmen und dem Blinden. Der Purusha ist der Lahme, der den Blinden, die Materie, der sich aber bewegen kann, leitet.

 

Kleiner Einschub: Gerade versuche ich mir vorzustellen, wie der letzte Satz gendergerecht heißen müsste? Blindinnen und Purushinnen oder Lahmende und Erblindende, halt geht ja nicht, die sind ja schon blind – Oh mein Gott!!

 

Um dieses „Sich erkennen“ zu beschleunigen, wurde Yoga entwickelt, genauer gesagt der Achtfache Pfad. Das Beschreiten dieses Pfades in all seiner Konsequenz ist in den Yogasutren dargelegt.

Aber – die Materie hat viele Wege, uns die Absurdität des Tanzes der Gunas, sprich dem Treiben der Welt, deutlich zu machen, auf dass wir mit immer mehr Abstand von ihr halten.

Zum Beispiel die Bildzeitung. Die schrieb heute in einer Meldung zu einer Absage der kompletten Tournee von Nena für 2022: Warum sagt sie ab? „Als Grund nannte sie coronabedingte Einschränkungen: „Ich stehe zu meiner Aussage: Auf einem Nena-Konzert sind ALLE MENSCHEN WILLKOMMEN. Hier in unserem Land geht es derzeit in eine ganz andere Richtung, und ich mache da nicht mit.“

Offensichtlich hatte sie sich über Coronaregeln lustig gemacht und, laut Bild, ihre Fans bei Konzerten auch ermutigt, sich über Regeln hinweg zu setzen.

 

Nun, darüber kann man denken, wie man will. Wenn ich mir die politischen Entscheidungen bezüglich dieses Themas in den letzten zwei Jahren anschaue, so gibt es da wahrlich genug Bocksprünge hin und her und Tappen im Dunkeln.

Die Zeitung schreibt weiter: „ …der Passauer Konzertveranstalter Oliver Forster hat ein Konzert mit ihr in Oberbayern abgesagt, nachdem sie in Baden – Württemberg Gast bei einer Privatparty war, bei der auch der deutschlandweit bekannte Querdenker Bodo Schiffmann und „Reichsbürger“ Andreas-Heiko Müller anwesend waren.“

Das ist der eigentliche Skandal. Wo sind wir in diesem Land gelandet? Bei den Nazis gab es Sippenhaft. Auch Dissidenten aus diversen totalitären Systemen haben Angst um ihre Angehörigen, wenn sie sich kontrovers äußern. Und wir? Das Land der Weltenretter? Wir unterscheiden uns nicht mehr sehr, wenn überhaupt, von diesen Diktaturen. Wenn man seine eigene Meinung vertritt, wird man rausgeworfen.

Ehrlich, wenn ich noch unterrichten würde, würde ich mir schwer überlegen, diese Zeilen zu schreiben oder den ganzen Blog löschen.

Es ist ja nicht die einzige Meldung dieser Art. Wenn ich zurückschaue auf die Zeit als langhaariger Gammler, die Hippiezeit, die 68er, die Vietnamdemos usw. überkommt mich ein Gefühl der Macht – und Sinnlosigkeit allen Handelns im Außen. Jetzt üben die, deren Vorgänger gegen das Establishment kämpften, eine Meinungsdiktatur aus, die keiner geahnt hätte.

Wahrlich, die Materie geht verschlungene Wege, um dafür zu sorgen, dass dem Individuum die Absurdität des Weltgeschehens und die Sinnlosigkeit des sich Verstrickens in ihr deutlich wird.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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