Das Netz

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Vor einigen Tagen hatte ich nachts einen Traum. Ich sah einen Raum, der sich ins Unendliche erstreckte. Er hatte eine tiefblaue ins schwärzlich gehende Farbe. Durch diesen grenzenlosen Raum zog sich ein silbrig-weißes Gitternetz, das an seinen Kreuzungen mit funkelnden größeren und kleineren Knoten oder Punkten verbunden war. Es waren Myriaden dieser Lichtpunkte. Es ähnelte einer großen Stadt, über die man nachts mit dem Flugzeug fliegt. Das ganze Netz war in diesem fluoreszierenden Blau-Schwarz in einer ständigen vibrierenden Bewegung. Wenn sich irgendwo in dieser Unendlichkeit einer der unterschiedlich großen Knoten regte, so teilte sich dies in mehr oder weniger starken Vibrationen dem ganzen Netz mit.

Mir war sofort klar, dass ich einer dieser Knoten war. Jeder Knoten stellte eine Entität im Universum dar. Es war wie ein Aha-Erlebnis. Alles Existente ist mit allem verbunden. Gleichzeitig fühlte ich eine große Verletzlichkeit. Mir wurde die Abhängigkeit, in der ich mich befinde schmerzlich deutlich.

Überlegen wir! Unser kleines individuelles Universum ist alles andere als autonom. Schon wenn uns einer scheinbar etwas schief ansieht, gerät unser Wohlbefinden manchmal etwas ins Wanken. Wir sind auf alles und jedes aus unserer Umwelt angewiesen. Wasser, Luft, Nahrung. Nichts von all dem können wir aus uns selbst heraus erschaffen. Wenn sich einer der größeren Knoten bewegt, weit entfernt von uns, gelangen kleinste Erschütterungen durch das Netz zu uns. Bewegt sich ein kleiner Knoten in der Nachbarschaft, zum Beispiel die Gemeinde hat beschlossen, dass die Straße vor unserem Haus verbreitert werden soll, gerät vielleicht unser ganzes Lebenskonzept aus der Balance.

Wer sich im Leben schon einmal in einer Situation befand, in der er sich ausgeschlossen fühlte, zum Beispiel während eines Stehempfangs, bei dem sich scheinbar alle kannten und miteinander plauderten, bloß mit einem selbst nicht, weiß, auf welch wackeligen Beinen unser Wohlbefinden steht.

Mein Traumbild zeigte mir auch deutlich die Machtlosigkeit auf, in der wir uns befinden. Auch das ist ein Signal, sich nicht an Dinge zu hängen, die sich außerhalb der eigenen Kompetenz und Macht befinden.

Ich erinnere mich, dass ich während des Traums ein starkes Gefühl der Dankbarkeit empfand, dass der kleine silbern schimmernde Punkt in dieser zitternden Unendlichkeit in diesem Moment so geborgen war. Im nächsten Augenblick könnte es ja schon ganz anders sein. Ein Gedanke, der aus den Tiefen des Unbewussten aufsteigt, kann eine Stimmungsänderung ins Negative bewirken. Alles kann sich ganz plötzlich ändern.

Ein zentraler Gedanke im Buddhismus ist die Interdependenz zwischen allem. Nichts existiert ohne das andere. Insofern gibt es auch keine Individualität und kein getrennt sein vom anderen. Im Yoga haben wir das Gunakonzept, über das ich schon oft geschrieben habe.

Auch hier finden wir denselben Gedanken. Alles, was existiert, ist aus den drei Gunas Rajas, Tamas und Sattva aufgemacht. Wenn diese drei Wesenheiten dichter gruppiert sind, nehmen wir das als feste Körper wahr, zum Beispiel als Menschen. Der Raum dazwischen, die Luft, ist von geringerer Dichte. Aber es existiert keine scharfe Trennung.

Wenn sich zwei streiten, stoßen lediglich zwei dichtere Gunakonstellationen zusammen. Später trennen sich die beiden Zusammenballungen wieder und die Elementekonzentration zwischen ihnen wird wieder dünner. „Du bist Luft für mich“, sagt man.

Denken wir doch manchmal an das bekannte Beispiel von dem Schmetterling in den Anden. Wenn er die Flügel bewegt, gibt es auf der anderen Seite der Welt einen Orkan.

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