Lalaland und der große Bär

IMG_20210731_150534Es war einmal ein kleines Land in der Mitte Europas, das hieß Lalaland. Die Lalaländer waren fleißige Leute, die früh aufstanden, manchmal bevor die Hähne krähten, und zur Arbeit fuhren. Sie bauten ihre kleinen Häuschen draußen auf dem Land und arbeiteten meistens in der Stadt. Das machte aber nichts, denn sie hatten ja ihre Autos, mit denen sie gerne fuhren, manchmal auch ein bisschen schneller. Sie waren immer große Erfinder gewesen. Zum Beispiel hatten sie auch ihre Autos erfunden. Früher gab es unter ihnen weise Leute, die die Welt erklärten und auch solche, die ganz schöne Musik schreiben konnten oder schöne Bücher, die dann in der ganzen Welt gelesen wurden.

Sie lebten glücklich hinter ihren dunklen Wäldern und aßen gerne ihren Schweinebraten und tranken dazu ihr Bier. Das war auch berühmt in der ganzen Welt. Darauf waren sie stolz.

Vor vielen Jahren hatten die Lalaländer einmal etwas ganz, ganz Schlimmes getan. So schlimm, dass sie gesagt haben: „Nie, nie wieder machen wir so was. Sie hatten nämlich ihre Nachbarn überfallen und die hatten das gar nicht gern und so sind sie damals nach Lalaland einmarschiert und haben die Lalaländer ordentlich bestraft.

Aber wie es so im Leben ist, die Zeit verging und irgendwann waren dann wieder alle Freunde. Die Lalaländer schafften sich auch wieder eine kleine Armee an, aber die mochten sie eigentlich nicht so richtig, weil die mit den bösen Schießgewehren herumfuchtelten. Sie wollten viel, viel lieber ganz gut sein, so richtig gut. Viel guter als alle anderen auf der ganzen Welt.

Und so beschlossen sie, all das abzuschaffen, was ihnen bisher so viel Spaß gemacht hatte. Und weil ihnen das noch nicht gut genug war, beschlossen sie, die Welt zu retten. Denn sie, die Lalaländer wussten viel besser als alle anderen, dass eine ganz, ganz böse Fee aus dem hintersten Winkel des Lalaländer Waldes beschlossen hatte, die Welt zu vernichten. Diese böse Fee war die Fee Klimakatastrophe. Das machte den Lalaländern ganz, ganz viel Angst und sie zogen sich ihre Zipfelmützen bis über die Augen. Das machten sie immer, wenn sie Angst hatten, und sie hatten eigentlich immer Angst. Dafür waren sie in der ganzen Welt bekannt.

Sie fragten die böse Fee, ob es denn gar nichts gäbe, sie zu beschwichtigen. Diese nickte hämisch und sagte, dass es da schon etliches gäbe.

Und so kam es, dass die kleinen Lalaländer alle ihre bösen Kraftwerke abschalteten, weil die die Luft verpesteten. Dafür bauten sie viele, viele Windmühlen im ganzen Land und mit großen dunklen Scheiben wollten sie die Sonne einfangen, um Strom zu erzeugen. Sogar das Holz ihrer dunklen Wälder wollten sie irgendwann nicht mehr verbrennen, weil das auch böse war. Einige, die nicht so gescheit waren, sagten zwar, dass die Sonne nicht immer da sei, vor allem nachts und dass der Wind nicht immer wehe, vor allem bei Windstille, aber das waren nur die bösen Schwurbler. Die sagten auch, dass die ganze Welt weiter böse Kraftwerke bauen würde und dass das alles ziemlich sinnlos sei, was sie da machen würden, aber das interessierte die Lalaländer nicht, weil sie einfach mehr wussten als alle anderen zusammen.

Irgendwann sagten sie sich auch: „Uns geht es so gut und wir waren so schlecht früher, dass wir viele, denen es nicht so gut geht, zu uns holen müssen.“ Das taten sie dann auch. Und es kamen viele. Da kamen dann ganz dumme Sachen vor, zum Beispiel, dass die Lalaländerinnen nicht mehr so einfach nachts durch die schönen Lalaländer Parks rennen konnten. Aber das ertrugen sie tapfer, denn sie retteten ja die Welt, da durfte man nicht auf solche Kleinigkeiten schauen.

Sie wollten plötzlich auch ihre Sprache nicht mehr. Die Sprache, in der ihre großen Männer und Frauen unvergängliche Werke geschrieben hatten. Sie sei böse, sagten sie. Und sie unterdrücke die Lalaländer Frauen und die, die noch nie so richtig jemand gesehen hat, nämlich die, die irgendwie was anderes sind.

Die Leute aus den Ländern, die um Lalaland herum lagen, sahen all das und wunderten sich sehr. Sie sagten, irgendwann werdet ihr im Dunkeln sitzen, aber die wussten natürlich nicht so gut Bescheid wie die Lalaländer, die Armen.

Jedenfalls bemühten sich die Lalaländer sehr, gut zu sein und ihre Schuld abzutragen. Sie waren sogar bereit, auf ihren Schweinebraten zu verzichten. Immer, wenn in der Welt und auch bei sich zu Hause etwas Schlimmes passierte, zündeten sie Teelichte an und fassten sich bei den Händen und dachten heimlich: „Wir sind besser als ihr anderen.“

Eigentlich sollte durch all diese guten Taten nur noch Liebe und Eintracht im Lalaland sein. Aber seltsamerweise war das nicht so. Je besser sie sein wollten, desto mehr Streit gab es im Land. Sie stritten sich um Krötenzäune und ob man statt zwei jetzt drei oder mehr Klos bauen müsse, für die, die keiner so richtig kennt. Und ob man noch der, die, das sagen dürfe und andere ganz, ganz wichtige Dinge mehr. Irgendwann wurde es auch zu teuer, mit ihren schönen, selbstgebauten Autos in die Arbeit zu fahren, weil sie das Benzin so teuer gemacht hatten, denn das war auch böse.

Manchmal, in Momenten der Erleuchtung, sagten sogar manche, dass es friedlicher zugegangen sei, damals, als es noch Schweinebraten gab und man noch unter sich war und eher einfarbig und weniger bunt. Aber das sagten nur verkappte Schwurbler.

So ganz lieb sind sie auch sonst nicht. In ihren tiefen Wäldern und dunklen Höhlen schmieden sie nach wie vor schreckliche Waffen. Darin sind sie so gut, dass sie die viertgrößten Waffenlieferanten der ganzen Welt sind.

Aber das vergessen sie ganz schnell wieder und zünden ein paar Teelichte an.

Eines Morgens wachten sie auf und erschraken sehr. Gar nicht so weit im Osten, da wo die Wälder noch dunkler sind als in Lalaland, war plötzlich der große wilde Bär aufgewacht, der sich sonst immer so tapsig herumführen ließ. Er brüllte schrecklich und die Lalaländer bekamen große Angst und zogen gleich ihre Zipfelmützen über die Augen, aber das nützte nichts. Der böse Bär tobte weiter und brüllte, dass er ihnen die Hölle heiß machen würde, wenn sie ihn weiter ärgern würden. Damit meinte er natürlich das Gegenteil, nämlich dass er ihnen die Kälte bringen würde, indem er ihnen den Gashahn zudreht.

Da schauten sie verschreckt zu ihrer ungeliebten Armee und merkten, dass die zwar gute Kindergärten, aber zu wenige Flugzeuge und Panzer und Schießgewehre hat, um den bösen Bären abzuwehren, wenn der mal in Lalaland vorbeikommt.

Plötzlich erschien das der, die, das Problem nicht mehr gar so wichtig und die Toilettenfrage auch nicht.

Da merkten die kleinen Lalaländer allmählich, dass sie nur so lange in ihrem kleinen Sandkasten spielen dürfen, solange es den bösen Bären, die nicht nur im Osten leben, gefällt.

 

 

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