Danken, wofür?

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In dem von mir schon mehrmals zitierten Buch:„Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten“ geht es mal wieder um die Arbeit mit dem Schraubenschlüssel und dabei wird anschaulich beschrieben, wie alles so locker flockig dahin geht, bis man an eine Schraube kommt, die sich nicht lösen lässt, weil sie fest gerostet ist. Jeder, der schon mal an einer Maschine herumgeschraubt hat, kennt das. Alles konzentriert sich auf diese eine Schraube. Wenn sie sich nicht lösen lässt, geht es nicht weiter. Das ganze Sein oder Nichtsein ist darauf konzentriert. Alles andere ist in diesem Augenblick vollkommen unwichtig. „Danken, wofür?“ weiterlesen

Früchte des Zorns

Vor langer, langer Zeit, als die Menschen noch mit den Göttern sprachen und umgekehrt, geschah im vedischen Indien folgendes: König Sagara zelebrierte das mächtige Ashvamedha – Opfer, das sogar Macht über die Götter verhieß. Doch Indra, der mächtigste der Götter, der eifersüchtig über deren Macht wachte, ließ das Opfer misslingen, indem er das Opferpferd stahl und im Ashram des Heiligen Kapila verbarg. Dort fanden es die 60000 Söhne Sagaras und beschuldigten den Weisen des Diebstahls, worauf dieser in heiligem Zorn entbrannte und sie allesamt zu Asche verwandelte. „Früchte des Zorns“ weiterlesen

Existenz

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Einer der wenigen Vorzüge des Alters ist, dass man über eine längere Strecke zurückblicken kann als Jüngere. Vor fünfzig Jahren sah die Welt und die Sicht auf die selbige ganz anders aus. Den Begriff „Umwelt“ gab es nicht. Politisch war der Weg klar. Er ging zu immer mehr „Demokratie wagen“, wie Willy Brandt sagte. Alle machten sich mit Blumen im Haar auf den Weg nach San Francisco, auch wenn das nur ein Hippieschuppen in der nächsten Stadt war. „Existenz“ weiterlesen

Aus der Geschichte lernen…

Wir kennen alle, oder auch nicht alle, den Ausspruch: „Aus der Geschichte lernen“. Ist das so? Wenn wir die Weltgeschichte rückwärts (na ja, was sonst?) betrachten, drängen sich Zweifel auf.

So war in einer Meldung zu lesen:

„Sowohl die USA als auch Russland wollen auch auf nicht-nukleare Angriffe etwa mittels Hyperschallwaffen mit Atomwaffen zur Abschreckung reagieren. „Aus der Geschichte lernen…“ weiterlesen

Gut oder böse?

Neulich sah ich den preisgekrönten Film: „Slumdog Millionär“ zum zweiten Mal. Obwohl ich Indien recht gut kenne, war ich diesmal mehr geschockt als beim ersten Betrachten. Ein hartes Land mit erbarmungslosen Lebensbedingungen, grausam und brutal und unsagbar dreckig. Eigentlich ist fast das ganze Land eine Müllkippe.

Vor Jahren las ich während eines Aufenthalts in Delhi in den Leserbriefen der Times of India zu Neujahr die Klage über zu wenig Verantwortung im öffentlichen Bereich. Der Tenor war, dass man resigniert feststellte, dass man im privaten Bereich zwar auf Sauberkeit achtet, im öffentlichen Bereich aber vollkommen gleichgültig ist. Leider sei das wohl so. Karma, Schicksal, wer weiß?

Zurück zum Film. Es geht um zwei kleine Jungen und ein kleines Mädchen aus einem der riesigen Slums von Mumbai. Der eine der beiden, Jamal verliebt sich unsterblich in Latika. Alle drei gehen ihren Weg durch den indischen Überlebenskampf. Sie werden getrennt, aber Jamal ist immer auf der Suche nach Latika. Der ältere der Brüder, Salim, wird immer wieder zum Beschützer des Jüngeren. Er kann mit seinen Fäusten und später mit der Waffe gut umgehen. Obwohl er in den Diensten eines Unterweltbosses die Liebenden, nachdem sie sich wieder gefunden hatten, trennte, weil dieser sie inzwischen zu seiner Sklavin oder Geliebten gemacht hatte, opfert er sich

aber letztlich, damit Latika fliehen kann. Er erschießt den Boss und wird dabei selbst getötet.

Die Liebenden gehen mit sechzehn Millionen Rupien im Geldbeutel einer hellen Zukunft in Glück und Reichtum entgegen.

Die Sympathien im Film liegen bei dem sanften Jamal. Er ist der Gute, ruhig, zurückhaltend und anständig. Salim ist anders. Er ist der Kämpfer, er ist brutal. Er hat Fighterqualitäten. Mit diesen Fähigkeiten landet man nicht im Callcenter, sondern in der Gang eines Mafiosis.

Die Frage, die mich seit gestern beschäftigt, ist: Was wäre aus den beiden „Guten“ geworden, wenn der „Böse“ sich nicht geopfert hätte und den noch Böseren umgelegt hätte? Die Antwort, dass in jedem Bösewicht auch ein Funken Gutes steckt, greift zu kurz.

Um letztlich als Retter auftreten zu können, muss Salim ebendiese Kämpferfähigkeiten haben, die dazu erforderlich sind. Dazu bedarf es gewisser Charaktereigenschaften wie Skrupellosigkeit, Aggressivität und eine gerüttelt Maß an Brutalität.

Ein Weichei hätten dem Paar nicht zur Freiheit verhelfen können. Ebenso hätte der brave, sanfte Jamal Latika nicht aus den brutalen Fängen des Gangsters retten können. Erhielt also Salim vom Schicksal diese Eigenschaften, um den Sanften zum Glück zu verhelfen?

Ähnlich verhält es sich mit Judas. Er gilt seit 2000 Jahren als die Inkarnation des Schurken, weil er den Herrn verraten hat. Was aber wäre gewesen, wenn er das nicht gemacht hätte? Die ganze Heilsgeschichte hätte nicht stattgefunden. Zudem wusste Jesus um Judas‘ Vorhaben, wie wir in Johannes, Kap.13 lesen:

„…Diesem winkt nun Simon Petrus, dass er forschen möchte, wer es sei, von dem er rede. Da lehnt sich jener an die Brust Jesu und spricht zu ihm: Herr, wer ist’s? Jesus antwortet: Der ist’s, dem ich den Bissen eintauchen und geben werde. Und er taucht den Bissen ein und gibt ihn dem Judas, Simons Sohn, dem Ischariot. Und nach dem Bissen, da fuhr der Satan in ihn. Da spricht Jesus zu ihm: Was du tun willst, das tue bald! Das aber verstand keiner von denen, die zu Tische saßen, wozu er es ihm sagte. Denn etliche meinten, weil Judas den Beutel hatte, sagte Jesus zu ihm: Kaufe, was wir zum Feste bedürfen; oder er solle den Armen etwas geben. Da nun jener den Bissen genommen hatte, ging er alsbald hinaus. Es war aber Nacht.“

Hier wird bereits deutlich, dass sich an der Gestalt des Judas Ischariot eine Menge zentraler Fragen der christlichen Lehre bündeln: Ist das Schicksal aller Menschen – einschließlich ihrer Erlösung oder Verdammnis – vorherbestimmt? Oder hatte Jesus den Judas dem Satan und der Verdammnis preisgegeben? Oder galt seine Zusage auch dem Judas, dem eben eine besondere und besonders tragische Rolle im Ostergeschehen zukam? Und schließlich: Wusste Judas, was auf sie beide zukam? (Michael Blume, 2012)

Judas also nicht der Verräter, sondern der Erfüller? Letztlich landen wir bei der Prädestination.

Bei Wikipedia heißt es dazu:

„Prädestination (lateinisch praedestinatio) bedeutet Vorherbestimmung und ist ein theologisches Konzept, dem zufolge Gott von Anfang an das Schicksal der Menschen vorherbestimmt hat.[1] Insbesondere geht es dabei um eine Erwählung einzelner Seelen zum ewigen Leben oder zu ewiger Verdammnis. Hintergrund stellt die menschliche Annahme dar, dass Gott über ihn als Gattungswesen erhaben und jenseitig sei. Der Schöpfer sei von seiner Schöpfung qualitativ abgehoben, Gott stehe über der Wirklichkeit der Schöpfung, selbst in Jesus und dem Abendmahl, wo er sich mit diesem verbände. Die Niedrigkeit des Menschen vor dem erhabenen Gott kommt auch durch die Lehre von der Prädestination zum Ausdruck. Das Heil erlangt, wer von Gott zum Heil vorherbestimmt ist.“

Was also bleibt zu sagen? Nichts ist, wie es scheint!