Das Leben ist gewalttätig, in einem nicht moralisch zu sehendem Sinn. Wer nicht um sein Überleben kämpft, das heißt, seine Interessen wahrt, geht unter. Das betrifft die Maus, die sich vor dem hungrigen Bussard schützt, genauso wie dich in deiner Arbeitswelt. Auch hier musst du deine Position behaupten. Das sieht auf dem ersten Blick nicht immer gewalttätig aus. Grundsätzlich ist es aber ein Gegeneinander. Das „Ich” gegen die Anderen. Dies birgt im Kern immer Gewalt. Indem der Yogi aus diesem Spiel aussteigt, setzt er der Welt der Phänomene bewusst einen Kontrapunkt entgegen. Diesen Gedanken des sich bewusst aus dem Leben, so wie es ist, Herausziehens, finden wir auch in allen anderen Yogatechniken. Das ist zwangsläufig so, will sich der Yogi doch auf die Suche einer Realität hinter der sinnlich wahrnehmbaren Welt begeben. Dies ist mit ”normalen“ Mitteln nicht möglich. Da das Überleben also immer Gewalt mit sich bringt, ist es das oberste Ziel des Yogi, nicht mehr geboren zu werden. Kurz gesprochen dient die Praxis von Ahimsa der Unterdrückung der grausamen und gewalttätigen Tendenzen in uns Menschen; denn nur ein aggressionsfreies Denken ist zur Meditation fähig.
Wenn ein Mensch in der Lage ist, seine Negativität zu überwinden, dann wird er dafür mit einer gewaltigen Akkumulation von Energie belohnt. Das heißt, er besitzt eine Ausstrahlung, die von anderen Lebewesen wahrgenommen wird. Sie empfinden keine Bedrohung und greifen ihrerseits nicht an, sondern verhalten sich zutraulich. Wir finden dieses Phänomen zum Beispiel in der Person des Franz von Assisi. (Das Yogalehrbuch, G. Pflug)
Es gibt viele Geschichten von Heiligen und Einsiedlern, die keinerlei Angst selbst vor Raubtieren hatten, weil diese keine Bedrohung spürten.
Spontan möchte man bei diesen Ausführungen sagen: „Ja aber, das geht doch nicht, wenn der mich… und wenn ich dann…, dann halten die mich…“
Machen wir uns klar, dass es nicht darum geht, die Welt zu verbessern, sondern mehr Harmonie in unser Leben zu bringen.
Dazu bedarf es eines Paradigmenwechsels. Normalerweise leben wir nach dem „Nehmen-Prinzip“. Wir äugen wie die Raubtiere um uns, um zu sehen, was die Welt uns geben kann. Das ist Teil unseres tierischen Erbguts. Beobachten sie einmal Menschen, die allein beim Essen am Tisch sitzen. Sie sehen sich immer wieder um, ohne Zweck, denn es nimmt ihnen ja keiner was weg, aber das Tier in uns rechnet immer noch mit Fressfeinden. Diese Haltung ist durchgängig.
Da haben wir als erstes den „Erwartungskomplex“. Erwartungen sind ein todsicheres Mittel, uns den Tag so richtig zu versauen.
Wenn wir in den „Geben-Modus“ einsteigen, geht das Training auf einem viel einfacheren Level los.
Ich war kürzlich einige Tag in einem großen internationalen Hotel zu Gast. Eine klassische Situation dort ist das Frühstücksbuffet.
Da purzeln gerne solche Gedanken wie: „Wie lang bleibt die Dicke noch vor der Kuchenabteilung stehen? Könnte nicht schaden, wenn sie…“ Oder: „Ha, bist du eine Sekunde zu spät gekommen, jetzt wart‘ du mal, bis ich…“
Es ist relativ einfach, auf all das zu verzichten. Sie werden sofort einen Wandel in ihrer Befindlichkeit feststellen. Die innere Feindseligkeit erlischt sofort und das fühlt sich richtig gut an.
Ein Leben im „Geben-Modus“ ist nicht wörtlich zu nehmen. Es ist eher ein Abstand halten von Verurteilungen, Häme, Erwartungen, Wertungen etc.
Es ist schon eine Menge gewonnen, wenn wir solch einfache „Frühstückssituationen“ anders ablaufen lassen. Auf der gleichen Ebene sind z.B. die Supermarktkassensituation“, die „Ampellosfahrsituation“ etc.
Die Fragestellung ist ja eigentlich ganz einfach: Geht es mir besser, wenn ich (er)warte oder wenn ich gebe?
Natürlich gibt es auch die „Masterclass“. Wer schon einiges auf meiner Seite gelesen hat, weiß, dass ich ein politischer Mensch bin. Man wird nicht Sozialpädagoge, früher hieß es noch Sozialarbeiter, wenn man nicht die Ungerechtigkeiten der Welt beseitigen möchte.
Wenn ich heute sehe, wie Milliarden für nutzlose Kriege ausgegeben, Faulenzer und Kriminelle finanziert und hofiert werden, und bedürftige Deutsche Flaschen sammeln müssen, dann ist es allzu leicht in den „Kalaschnikow-Modus“ zu gehen.
Jeder hat seine ganz individuelle Masterclass, die ihm das Karma zu seinem inneren Wachstum anbietet.
Da heißt es: „Keep on trucking!“

