Ich will nicht!

IMG_20210611_162025In den letzten fünfzig Jahren hat sich in Bezug auf Umweltbewusstsein und Naturschutz eine Menge getan. Vorher gab es den Begriff Umwelt weder im Sprachgebrauch noch im Bewusstsein. Das Bild zeigt den Aufkleber auf meiner Mülltonne. Er klebt dort seit vierzig Jahren.

Als ich 1978 nach den ersten drei Monaten meiner Yogalehrerausbildung aus Bombay zurück kam, fingen wir so richtig mit dem biologischen, später auch biologisch-dynamischen Gartenbau nach Rudolf Steiner an. Dabei wird zum Beispiel Kuhmist in einem Kuhhorn zu einer bestimmten Mondphase für ein Jahr eingegraben. Das daraus gewonnene Substrat, der sogenannte Hornmist, wird dann für eine Stunde in einem bestimmten Rhythmus in 10 l Wasser gerührt und dann auf die Pflanzen aufgesprüht. Das regt das Bodenleben an und düngt so die Pflanzen. Mineralischer Dünger war verpönt. Wir waren strikte Vegetarier und bauten unser gesamtes Gemüse selbst an. Tomaten gab es nur zur entsprechenden Zeit, Erdbeeren auch.

Natürlich begrünten wir auch die Hauswände mit Efeu, um zusätzlichen Beitrag zur CO2-Reduzierung zu leisten. Allerdings musste ich ihn vor ca. 12 Jahren vom Dach entfernen, als sich herausstellte, dass fast Armdicke Triebe unbemerkt auf dem Weg ins Wohnzimmer waren. Das hatte uns aber vorher niemand gesagt.

Unnötig zu sagen, dass überflüssige Autofahrten unterblieben. Wir überlegten, eine kleine Windkraftanlage in den Garten zu stellen. Das unterblieb aber dann. Dafür baute ich eine selbst konstruierte Schwerkraftwarmwasseranlage, die über den Kachelofen geheizt wurde, ein. Im Bücherregal steht noch heute Holger Strohms „Friedlich in die Katastrophe“, in der vor der Atomkraft gewarnt wurde. Und so weiter und so weiter. All dies, und manches mehr, machten wir aus Überzeugung. Die Schöpfung ist nicht unser Eigentum. Wir haben die Erde nur geliehen. Sie gehört uns nicht. Shopping lehnten wir ab. Kleidung ist zum Gebrauch da und wird getragen, bis sie kaputt ist. In der Übergangszeit trägt man warme Pullover im Haus. Geheizt wir noch nicht, um Ressourcen zu schonen.

Seit einiger Zeit beobachte ich bei mir eine schleichende Veränderung in Bezug auf Umweltschutz und allem was so damit zu tun hat. Ich merkte, wie ich immer ärgerlicher wurde wenn ich von Radwegautobahnen las oder der Notwendigkeit von noch viel mehr Windrädern. Es sei schon fünf Minuten nach Zwölf, heißt es. Bis 2030 müssen alle Autos elektrisch betrieben werden und so weiter und so fort.

Was geht da vor? Ich, der sein Leben lang ökologisch gedacht und gehandelt hatte, plötzlich im Lager der Skeptiker.

Mittlerweile ist mir klar geworden was mich stört.

Ich bin ein überzeugter Anhänger des großen Psychotherapeuten Carl Rogers. Dessen Menschenbild ist: Durch kontinuierliche Arbeit an sich selbst, ist es möglich, dass das Individuum aufgrund seiner nach innen und nach außen wahrgenommenen Realität selbstverantwortlich handeln lernt.

Dieses Credo ist das Menschenbild der Humanistischen Psychologie. Dazu gehört angstfreies Lernen, Respekt vor der Meinung des Anderen, Vertrauen in die eigene Urteilsfähigkeit, Zutrauen zu sich selbst etc.

Die schwarze Pädagogik hat ein anderes Weltbild. Hier wird davon ausgegangen, dass man die Menschen führen und letztlich zwingen muss, Im Hintergrund steht die Strafe und die Drohung bei nicht befolgen der Anweisungen.

Ich nehme genau diese Haltung im gegenwärtigen gesellschaftlichen Klima wahr. Es geht immer mehr um Anordnungen und angedrohte Verbote. Es werden auch Ängste geschürt. Wer anderer Meinung ist landet sehr schnell im Abseits. Der Ton ist kalt geworden und hat diktatorische Züge angenommen. Das erinnert mich an den alten Spruch: Und bist du nicht willig, dann brauch ich Gewalt.“

Ich bin der festen Überzeugung, dass man so keine neue Welt schafft in der die Menschen mit sich und der Umwelt im Einklang leben. Vielmehr geht es eher in Richtung von George Orwells 1984.

Wenn ich sehe, was sich im vergangenen halben Jahrhundert alles an Positivem in Richtung Ökologie getan hat, halte ich diese gegenwärtig von Angstmache und Verboten geprägte Diskussion für nicht gut. Sie produziert nur eine Gegenbewegung.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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