Der „dumme“ Lahme bietet dem „funkelnden“ Blinden so lange Erfahrungen an, bis dieser sich nicht mit allem identifiziert, sich also „selbst erkennt“. So lautete der letzte Satz von Teil II.
Dies ist das Ziel des Samkhya. Wenn wir verstehen wollen, wie das zu erreichen ist, müssen wir uns mit drei weiteren Tattvas (Prinzipien), den drei Gunas, befassen:
Sattva
Reinheit, Licht, Erkenntnis
führt zu Klarheit und Harmonie
Rajas
Bewegung, Leidenschaft, Energie
führt zu Aktivität und Veränderung
Tamas
Trägheit, Dunkelheit, Unwissenheit
führt zu Schwere und Verhüllung
Das sind die drei Tattvas, aus der die Materie (Prakrti) besteht. Wir sagten, dass auch das Denken (Chitta) zur Materie gerechnet wird.
Warum? Weil es sich ständig verändert! Nur was unveränderlich ist, ist Geist.
Unser einziges „Werkzeug“, den Geist (Purusa) zu erkennen, ist unser Denken. Dies aber springt herum wie ein Rudel junger Hunde, wie wir alle wissen. Es muss also zu einem präzisen Instrument geschliffen werden.
„Erwachet! Erhebt euch!
Sucht die Weisen auf und lernt von ihnen.
Der Pfad ist scharf wie die Schneide eines Rasiermessers,
schwierig zu begehen – so sagen die Weisen.“ (Katha-Upanishad)
Einschub: Sommerset Maugham zitiert diesen Vers als Einstieg zu seinem sehr lesenswerten Roman „Auf Messers Schneide“.
In der Regel liegt die Qualität unseres Denkens zwischen Tamas und Rajas. Viel zu selten ist es sattvisch.
Rajas und Tamas müssen aus dem Denken (fast) vollständig entfernt werden, damit es den Purusa erkennen kann.
Wenn auch das „fast“ eliminiert ist, besteht kein Grund mehr, weiter in dieser Existenz zu verbleiben.
Das Ziel des Samkhya ist die Befreiung (Kaivalya) des Puruṣa von Prakṛti, also die Erkenntnis, dass das wahre Selbst (Puruṣa) vom Körper-Geist-Komplex (Prakṛti) völlig verschieden ist.
Diese Erkenntnis führt zu Leidfreiheit (Duḥkha-nirodha).
Hier ist die Verbindung zwischen Samkhya und Yoga, „der Wissenschaft vom Denken“. Es ist dies der bekannte achtfache Pfad (Astanga), der das Denken schärfen soll. Die „Navigation“ beschreibt Patanjali in seinen 195 Sutren (Aphorismen).
Hier die Kurzfassung: (KI)
1️⃣
Yama
Ethische Disziplin
Verhalten gegenüber anderen – moralische Grundhaltungen
2️⃣
Niyama
Persönliche Disziplin
Haltung gegenüber sich selbst – innere Reinheit und Selbstpflege
3️⃣
Āsana
Körperhaltung
Stabile, bequeme Körperhaltungen für Meditation
4️⃣
Prāṇāyāma
Atemkontrolle
Regulierung der Lebensenergie (prāṇa) durch bewusste Atmung
5️⃣
Pratyāhāra
Rückzug der Sinne
Loslösung der Aufmerksamkeit von äußeren Objekten
6️⃣
Dhāraṇā
Konzentration
Fokussierung des Geistes auf ein Objekt oder einen Punkt
7️⃣
Dhyāna
Meditation
Ununterbrochener meditativer Fluss – tiefe Versenkung
8️⃣
Samādhi
Erleuchtung / Einheit
Verschmelzung des Bewusstseins mit dem Absoluten – reine Erkenntnis
(wird fortgesetzt)

