„Sind Sie religiös?“ Vielleicht ist Ihnen diese Frage auch schon gestellt worden. Ich weiß nicht, was Sie darauf geantwortet haben. Ich habe schon recht verschiedene, manchmal auch verschämte oder verwaschene Antworten gehört.
„Ja, ich glaube an die Natur.“ Viele gehen einmal pro Jahr in die Kirche zum Weihnachtsgottesdienst, weil man das irgendwie so macht. Das gibt auch so ein schönes, weihnachtliches Gefühl und man kann sich dann den Geschenken und dem guten Essen zuwenden.
Viele allerdings verschwenden gar keinen Gedanken daran, weil es ihnen gleichgültig ist.
Dabei ist uns allen viel zu wenig bewusst, wie tief Religion unser Denken und Handeln bestimmt. Selbst Atheisten sind nicht frei davon.
Vor vielen Jahrhunderten (man schätzt zwischen 1800-600 v.Chr.) lebte in Baktrien, dem heutigen Afghanistan, ein Mann namens Zarathustra, der den Zoroastrismus begründete. Diese Religion kam irgendwann nach Persien, wo sie viele Anhänger fand.
Die zentralen Punkte sind:
Ahura Mazda: Der höchste Gott, der Schöpfer und das Gute.
Dualismus: Der Kampf zwischen Gut (Asha) und Böse (Druj), vertreten durch Ahura Mazda und Angra Mainyu (auch bekannt als Ahriman).
Freie Wahl: Menschen haben die Wahl, sich für das Gute oder das Böse zu entscheiden.
Gute Gedanken, gute Worte, gute Taten: Sind die zentralen ethischen Prinzipien der Religion.
Der persische Großkönig, Kiros II. war ein Anhänger Zarathustras. Nachdem er die Babylonier besiegt hatte, entließ er die Juden aus der „babylonischen Gefangenschaft“ und es erfolgte die Rückkehr nach Judäa.
Sie nahmen zentrale Elemente des Zoroastrismus mit und integrierten sie ins jüdische Denken. Da gibt es den Schöpfergott Ahura Mazda (Jehova) und den ewigen Kampf Gut gegen Böse. Wir finden hier den sogenannten freien Willen, nachdem sich ein Mensch zwischen Gut und Böse entscheiden kann und es tauchen auch Himmel und Hölle mit ewiger Verdammnis auf.
Der Islam, der wesentlich später entstand, schaute sich eine ganze Menge vom Judentum ab und hat die gleichen Prinzipien.
Die ersten Christen waren auch Juden und folgen denselben Prinzipien.
Es ist immer das Gleiche:
Erst sind wir im Paradies, dann erfolgt die Vertreibung. Es folgt die Unterscheidung zwischen Gut und Böse und der Kampf gegen das Böse, auch in uns, und letztlich das Gericht.
Zwischen den drei Religionen gibt es einige Unterschiede:
Absolute Einhaltung der Gesetze (Judentum)
Absolute Unterwerfung (Islam)
Flehen um Gnade (Christentum)
Auf diese Weise ist das ganze menschliche Leben ein ewiger Kampf, soweit es den Kulturkreis dieser drei Religionen umfasst.
Unser Denken richtet sich nach diesen Prinzipien. Wir be- oder verurteilen uns dementsprechend. Wir erziehen unsere Kinder in diesem Geiste, fühlen uns ständig schuldig und erwarten die sogenannte gerechte Strafe.
In diesem Sinne sind alle religiös, weil unser aller Denken von diesem Schuld-Strafe-System determiniert ist.
(wird fortgesetzt)