Heute Morgen las ich, dass die weltweit 2365 Milliardäre ihre Vermögen zwischen dem 18. März 2020 und dem 18. März 2021 um 54 Prozent, also um rund vier Billionen Dollar steigern konnten.
Vielen von uns kommt da der Gedanke, dass das unanständig sei und man diese Leute viel stärker zur Kasse bitten müsse. Ein erster und wichtiger Schritt wäre zum Beispiel eine adäquate Besteuerung. Es ist nicht einzusehen, warum sich Google, Amazon und Co. dumm und dämlich verdienen und ihre Steuern in einer Steueroase gleich Null sind, da dort der Firmensitz ist.
Viele meinen auch, dass das Publikum kritischer sein müsste. Man könnte anstelle Google auch Startpage als Suchmaschine nehmen. Aber – man merkt ziemlich schnell, dass Google die besseren Algorithmen hat. Amazon hat während der Pandemie sehr gewonnen. Natürlich gibt es auch andere Versandhändler. Aber – wenn man bei Amazon bestellt, hat man ohne Wenn und Aber das Recht alles zurückzugeben, selbst wenn der Anbieter nicht einverstanden ist, und wenn Probleme entstehen, wird man binnen zweier Minuten angerufen anstatt 15 Minuten in Warteschleifen festzuhängen.
Bezos begann 1994 in einer Garage in Seattle. Ähnlich war es bei Bill Gates und Steve Jobs und vielen anderen.
Ich kann meine Sympathie für diese Leute nicht verhehlen. Ich sehe da Eigenschaften wie Mut, Können und Risikobereitschaft. Die meisten scheuen vor Sprüngen in kaltes Wasser zurück und schwimmen lieber mit dem Strom, als stromaufwärts zu schwimmen.
Dagegen ist nichts einzuwenden, aber man muss dann eben auch akzeptieren, dass man über ein gewisses Niveau nicht hinaus kommt.
In den letzten Jahren ging der Zins für Sparguthaben auf Null zurück. Wer sein Geld aufs Sparbuch legt, gewinnt nicht nur nichts dazu, sondern verliert auch durch die schleichende Geldentwertung. Man kann jetzt sehr verschieden damit umgehen. Man kann klagen und sich trotzdem in sein Schicksal fügen. Man kann aber auch vom Erduldenden zum Handelnden werden. Wir alle haben Versicherungen. Man könnte, wenn man sich kundig machen würde, vom passiven Einzahler zum Miteigentümer werden. Wer vor etwa einem Jahr 10 000 € für Allianzaktien ausgegeben hätte, wäre heute um ca. 3000 € reicher. Das ist eine Steigerung von 30% gegenüber 0 % auf dem Sparbuch.
Wir in Deutschland haben das Privileg, in einem Land zu leben, in dem man durch eigenes Handeln seine Situation verändern kann. In vielen Teilen der Welt ist das nicht so. Dort ist ein Leben in Würde trotz Können und Fleiß nicht möglich, weil das Land korrupt und schlecht regiert ist.
Der zweite Kanzler dieser Republik war Ludwig Erhard. Er prägte den Begriff „Soziale Marktwirtschaft“. Die Idee war, dass jeder seines Glückes Schmied sein könne, dass aber die entfesselte Kraft des Kapitals gezügelt werden müsse, um überbordende Dominanz zu verhindern. Dies sollte durch starke Gewerkschaften und Gesetze gewährleistet werden. Mit dieser Haltung ist das Land gut gefahren. Sie förderte Selbstverantwortung und bot Schutz.
Im Moment werden im linken Parteienspektrum ganz andere Ideen favorisiert. Man spricht vom bedingungslosen Grundeinkommen. Jeder soll, unabhängig von Eigenleistung, eine Grundsicherung bekommen. Abgesehen davon, dass das durch das „soziale Netz“ sowieso geschieht, fördert diese Idee die Passivität des Einzelnen. Der sozialdemokratische Nachwuchsstar Kevin Kühnert forderte jüngst die Verstaatlichung von BMW, als ob wir nicht bis 1989 hautnah miterleben mussten, wie Planwirtschaft zu Mangel und Unterversorgung führt. Der größte Staatsbetrieb, die Deutsche Bahn, ist nicht in der Lage, den allseits beklagten, immer mehr anschwellenden Güterverkehr auf die Schiene zu bekommen. Vom Berliner Flughafen will ich gar nicht reden.
Wer Selbstverantwortung ablehnt, begibt sich in Abhängigkeit. Wir sollten nicht glauben, dass der Staat die allumfassende Versorgung und Absicherung umsonst gibt. Er fordert dafür Wohlverhalten und ein „Nicht aus der Reihe“ tanzen. Und – es ist teuer.
Unser Kaminofen, den wir vor zwei Jahren austauschen mussten, weil er den Abgasnormen nicht mehr entsprach, heizt jetzt wahrscheinlich 200 km östlich noch viele Jahre ein Haus.
In der Psychotherapie ist eine Veränderung nicht möglich, wenn der Klient vom Therapeuten erwartet, dass er seine Probleme löst.
Im Yoga kennen wir das Ursache – und Wirkungsprinzip, Karma. Patanjali schreibt in den Yogasutren 2,13: „…Karma bestimmt, in welche Lebenssituation wir hineingeboren werden, die Dauer des gegenwärtigen Lebens und die Art der Erfahrungen, die wir zu machen haben.“
Daraus folgt, dass alle Menschen unterschiedlich sind und auch unterschiedliche Erfahrungen machen müssen, entsprechend ihrem Karma. Es geht ja immer darum, zur Erkenntnis zu gelangen. Das ganze Leben ist dazu da, uns Erfahrungen zu bieten, die uns diesem Ziel näher bringen. Wie könnten wir je gleich sein?
Eines allerdings sollten wir nie vergessen. Alle sind in ihrer Ungleichheit gleich viel wert, denn alle befinden sich in einem bestimmten Abschnitt des Weges. Und – wir können ungeachtet unserer Position vom Dulder zum Schöpfer werden, wenn wir das wollen, auch wenn das manchmal sehr lange dauert.