In Gottes Namen. Teil II

IMG_20201102_170016Bleiben wir noch ein Weilchen bei den gesellschaftlichen Funktionen von Religionen. Die Welt erscheint uns nicht fair. Es gibt massive Ungerechtigkeit und Ungleichheit. Wie soll die Obrigkeit damit umgehen? Wie soll sie verhindern, dass sich die Unterprivilegierten ihren Teil vom Kuchen holen?

Zuerst schafft man ein Weltbild, welches die Funktion hat, dass oben oben und unten unten bleibt. Ganz oben sitzt Gott, natürlich! Dann kommt der Kaiser oder der König, eingesetzt von Gottes Gnaden. Das ist clever, denn gegen Gott ist schwer anzukommen. Dem Kaiser ist der Klerus gleichgestellt, denn dem Herrscher muss Gottes Ratschluss erklärt werden und das kann selbstverständlich nur der Priesterstand. Die Kaiserkrönung war ein weltlich-religiöser Akt. Weiter unten in der Gesellschaftspyramide kam der Adel, dann Bürger, Bauern. Letztere frei oder leibeigen.

Diese Reihenfolge wurde dem Volk als sakrosankt und gottgewollt dargestellt.

Wenn also leibeigene Bauern sich beklagen sollten, so konnte das mit dem Hinweis auf Gott abgeschmettert werden. Das funktionierte nicht immer, wie an den Bauernkriegen zu sehen ist.

Wer sich gegen dieses Weltbild auflehnte, verstieß gegen die gottgewollte Weltordnung, was als Sünde galt.

Aber – Armen und Rechtlosen winkte Gottes Lohn im Himmel, sofern sie sich demütig und fromm verhielten.

Selbst heute in unseren aufgeklärten Zeiten kann das Rechtssystem keine hundertprozentige Gerechtigkeit herstellen. Jenen, die sich ungerecht behandelt fühlen und mit ihrem Schicksal hadern, weil sie sich von „denen da oben“ unterdrückt und ausgebeutet sehen, bleibt immer der Trost von Gottes letzter Gerechtigkeit, die in dem Wunsch oder dem Versprechen zum Ausdruck kommt, dass die Bösen „in der Hölle schmoren“ werden.

Im Hinduismus haben wir die Idee des Karma. Hier gilt, wer sein Dharma getreu erfüllt, wird im nächsten Leben mit einem besseren Schicksal, sprich mit dem Aufstieg in eine höhere Kaste belohnt.

Man könnte sagen, dass es sich um ein sich selbst regulierendes System handelt, denn für sein gegenwärtiges Karma, sei es noch so mies, ist man selbst verantwortlich. Das ist wirklich clever, denn da ist dann nicht einmal mehr irgend jemand von „da oben“ verantwortlich.

Im Islam haben wir das „Inshallah = Gott will es so“. Alles, was passiert ist Gottes Wille. Das ist eigentlich eine positive Einstellung und erinnert an Karma Yoga. Islam heißt Unterwerfung. Das bedeutet, dass es keine Trennung zwischen Religion und Politik gibt. Hier zeigt sich, dass der Islam mit dem westlichen Denken des Laizismus nicht kompatibel ist. Wenn Islam so praktiziert wird, wie er gedacht ist, dann sehen wir an Staaten wie dem Iran, was dabei herauskommt.

In Teil Eins dieser Überlegungen habe ich versucht aufzuzeigen, dass der Ursprung von Religion in der Angst der Menschen vor dem nicht Beherrschbaren ist. Wenn Menschen alt werden, dann werden sie religiös, sagt man. Auch in Gefahrensituationen fangen nicht Wenige mit dem Beten an.

Ist Religion also nicht mehr als die Bekämpfung der Angst vor dem Tod? Oder vielleicht sogar vor dem Leben, vor dem selbstbestimmten Leben? Angst gebiert Unsicherheit und diese führt zu Aggressivität. Ein innerlich unsicherer Mensch, der einen „sicheren Hafen“ in der Religion gefunden zu haben glaubt, ist ängstlich bemüht, dass dieser Hafen nicht „angegriffen“ wird und er wieder in die Unsicherheit zurückgeworfen wird.

Meine These lautet: Je mehr Angst und Unterdrückung von (sexuellen) natürlichen menschlichen Gefühlen und Bedürfnissen in einer Gesellschaft herrscht, desto unduldsamer wird Religion praktiziert.

Ich sehe auch deutliche Unterschiede bei den großen Weltreligionen. Die östlichen, wie der Buddhismus, der Hinduismus, der Taoismus und der Shintoismus haben wenig versucht, die Welt zu missionieren. Das ist bei den sogenannten monotheistischen Wüstenreligionen, dem Christentum und dem Islam, ganz anders. Was in Jesu Namen in den vergangenen Jahrhunderten angerichtet wurde, ist heute noch beschämend. Der Islam hat von Arabien aus seine „absolute Wahrheit“ mit Feuer und Schwert durch Asien, Europa und Afrika verbreitet und tut dies heute zunehmend wieder.

Gerade die letzten Wochen mit den Morden von Dresden, Paris, Nizza und Wien zeigen, dass Menschen, die sich im Besitz des wahren Glaubens wähnen, hochgefährlich sind und man fragt sich, was für ein Gottesbild in den Köpfen der Täter ist.

(wird fortgesetzt)

 

 

 

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