
Gesellschaften sind vielschichtig und setzen sich aus diversen Gruppierungen zusammen. Es findet ein kontinuierlicher Veränderungsprozess statt. Nichts ist statisch.
Psychologisch betrachtet muss sich scheinbar jede Generation von der vorhergehenden unterscheiden oder besser gesagt absetzen, um zu einer eigenen Identität zu kommen. So landen dann die, die sich an der Spitze der Progressivität wähnten, bei den Etablierten.
Stichwort: „Wir sind die, die wir immer bekämpft haben.“
Die Jugend ist der Sauerteig der Gesellschaft. Sie gruppiert sich in Peergroups und in temporär entstehenden Subkulturen. Das Wesen letzterer ist, dass sie radikal anders sein wollen als die sogenannte etablierte Gesellschaft.
Angefangen hat es hierzulande mit der Wandervogelbewegung. Ich zitiere aus Wikipedia: „Als Wandervogel wird eine 1896 in Steglitz (heute Berlin) entstandene Bewegung hauptsächlich von Schülern und Studenten bürgerlicher Herkunft bezeichnet, die in einer Phase fortschreitender Industrialisierung der Städte und angeregt durch Ideale der Romantik sich von den engen Vorgaben des schulischen und gesellschaftlichen Umfelds lösten, um in freier Natur eine eigene Lebensart zu entwickeln. Damit stellte der Wandervogel den Beginn der Jugendbewegung dar, die auch für Reformpädagogik, Freikörperkultur und Lebensreformbewegung im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts wichtige Impulse setzte.
Da es damals noch nicht die Medien- und Vermarktungsindustrie gab, wurde diese Bewegung auch nicht kommerzialisiert.
Die Subkultur, der ich mich einige Jahre zugehörig fühlte, waren die sog. „Gammler“, wobei ich, wie die meisten, ein Feierabendgammler war. Kennzeichen waren grüne Parkas, Jesusschlappen und lange Haare zur Musik von Bob Dylan. Alle vier Merkmale waren geeignet, die Erwachsenenwelt zur Weißglut zu bringen, was ja auch beabsichtigt war.
Diese subkulturelle Bewegung war die erste und letzte der Neuzeit, die sich einer Kommerzialisierung entzog. Einfach deswegen, weil die Konsummaschinerie noch in den Kinderschuhen steckte und weil Konsumverzicht zum Core – Inhalt zählte. Mit den darauffolgenden Hippies war das schon anders. Flower – Power war ein Bombengeschäft, von den darauffolgenden wie Mods, Poppers, Wavers usw. ganz zu schweigen. Sie wurden mehr oder weniger in ganz kurzer Zeit vom Kommerz vereinnahmt. Dieses Phänomen beschleunigte immer mehr, sodass ein echter Protest oder ein sich wirklich Absetzen vom Etablierten eigentlich kaum mehr möglich war.
Jetzt haben wir die Bewegung Fridays for Future mit der Galionsfigur Greta Thunberg. Es heißt, sie sei in über 100 Ländern vertreten und werde von über 16 000 Wissenschaftlern unterstützt. Trotz einiger Recherche konnte ich aber nur einige Länder der sog. westlichen Welt sowie Indien und die Philippinen entdecken. Hauptsächlich Länder also mit einem hohen Lebensstandard, was vollkommen klar ist, denn erst wenn der Bauch satt ist, hat das Hirn die Freiheit, sich mit Dingen zu beschäftigen, die nicht dem unmittelbaren Überleben dienen.
Nun haben all diese Kinder und Jugendlichen noch nie erlebt, was Mangel ist. Es ist für die meisten eine Selbstverständlichkeit, dass alle Bedürfnisse mehr oder weniger schnell befriedigt werden.
Leuten meiner Generation wurde noch gesagt: „Du kriegst dann ein Fahrrad, wenn du groß genug für ein Großes bist.“ Heute wachsen die Fahrräder mit den Kindern. Das ist nur ein Beispiel.
Diese Selbstverständlichkeit prägt das Bewusstsein. Die heutigen Kinder und Jugendlichen können sich gar nicht vorstellen, dass es irgendwann einmal zu einem Mangel kommen könnte.
Es ist das Vorrecht der Jugend, zu fordern, ohne groß im Realen verhaftet zu sein. Wenn Greta also fordert, dass Deutschland schon vor 2038 seine Kohlekraftwerke abschaltet, so ist das ihr Recht als Jugendliche.
Nun ist es so, dass die Strompreise für private Haushalte im Laufe der Kanzlerschaft Merkels um ca. 60% gestiegen sind. Für die Industrie sieht es ähnlich aus.
Wir alle kennen und schätzen Aluminium: Alufolie, Aluräder und -Felgen usw…
Die Essener Alu-Hütte der Firma Trimet verbraucht so viel Strom wie die gesamte Stadt Essen – einschließlich aller anderen Industrie- und Gewerbebetriebe. Für die Herstellung einer Tonne Primäraluminium werden im Schnitt rund 15 Megawatt-Stunden Strom benötigt – so viel wie ein Zwei-Personen-Haushalt in fünf Jahren verbraucht.
Deutschland als Industrie- und Exportnation ist darauf angewiesen, dass die Wertschöpfungskette für seine Produkte erhalten bleibt. Aber, durch die allgemeine Verteufelung der konventionellen Stromerzeugung sind Abwanderungsbewegungen von wichtigen Industrien zu beobachten, dahin, wo der Strom billiger ist. Für das Weltklima spielt das keine Rolle, denn es ist egal, wo produziert wird. Nicht egal aber ist es für den Standort Deutschland.
In einem Audi A8 z.B. stecken 600 kg. Alu. In einem Tesla noch viel mehr.
Eine Aluminiumhütte kann man nicht mit Windrädern und Sonnenpaneelen betreiben. Greta und ihre Follower müssten sich also fragen, ob sie auf Aluminium verzichten wollen? Natürlich müssen sie das nicht. Wie schon gesagt, ihr Recht ist, zu fordern und anzuklagen.
Solche Überlegungen sind Sache der Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft und da macht es mich verdammt misstrauisch, wenn sich Leute und Organisationen, deren Aufgabe die rationale Steuerung von Staaten ist, sich an die Fridaybewegung anhängen.
Qui bono? Wem nützt es?
Findet hier wieder eine stille Vereinnahmung einer Bewegung für eigene Zwecke statt? Plakativ ausgedrückt: missbrauchte Kinder?
Der Wirtschaftsminister Peter Altmaier veranschlagte die Kosten für die Energiewende auf 1 Billion €. Das geht, wenn man es hat.
Grüne, Bund Naturschutz, Teile der CDU, die sich an eine Jugendbewegung anhängen möchte, und ähnliche Organisationen sollten offen in diesem Land sein, und fragen, ob die Bevölkerung bereit ist, auf viele Annehmlichkeiten zu verzichten. Wobei das natürlich nicht für alle gelten würde. Eine kleine Schicht würde weitermachen können, z.B. Fliegen (in Aluflugzeugen). Die „kleinen Leute“ würden wieder zuhause bleiben.
Wir hätten erneut zwei Klassen, wie es früher auch schon war.
Saubere Luft hatten wir früher. Da war das Leben aber härter. Da wurde zur Schule gelaufen. Wir können das wieder haben, aber nicht umsonst!