Faschismus in Grün

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Vorgestern kam im NDR der Film Wadjda aus Saudi – Arabien. Dieser Film hat mich so berührt, dass ich ihn gar nicht ganz ansehen konnte. Ein kleines Mädchen träumt vom Fahrradfahren auf einem grünen Fahrrad, das sie beim Händler stehen sieht. Tragisch ist, dass Mädchen in Saudi – Arabien nicht Fahrrad fahren dürfen. Der Film ist von 2012. Vielleicht ist es inzwischen erlaubt. Mittlerweile dürfen Frauen ja auch Auto fahren, nicht weil man sie als Individuen respektiert, sondern weil man sie auf dem Arbeitsmarkt braucht. Aus Ägypten habe ich eine Rundfunkreportage gehört, die vom sehnlichen Wunsch eines Mädchens vom Motorrollerfahren handelte, weil sie damit den zudringlichen Blicken und Grapschen der Männer auf ihrem Weg durch Kairo aus dem Weg gehen könnte.

Ich erinnere mich noch gut an Bilder und Interviews vom Kairoer Tahrirplatz. Junge Mädchen an der Seite junger Männer, die fröhlich ihrer Hoffnung Ausdruck gaben, endlich der religiösen und politischen Unterdrückung entfliehen zu können. Wenig später hat sich der Platz in eine Stätte der Vergewaltigung und sexuellen Belästigung verwandelt.

In Deutschland hat sich allein Alice Schwarzer deutlich in der Kopftuchdebatte positioniert und es als Symbol der Unterdrückung definiert. Das hat von Seiten der Grünen und der Linken, die sich in ihren Positionen diesbezüglich kaum unterscheiden, einen Protestaufschrei hervorgerufen. Da fielen Worte wie Diskriminierung, Ausgrenzung, Recht auf Religionsausübung usw.

Wer Frauen in seiner Familie hat, weiß, was sie für ein Gedöns mit ihren Haaren machen. Sie sind genuiner Teil der weiblichen Identität. Das Kopftuch ist ein Symbol der Herrschaft der Männer über die Frauen. Wenn jetzt muslimische Frauen und Mädchen freiwillig ein Kopftuch tragen, so ist das m. E. eher deswegen, weil es identitätsstiftend in einer Umwelt ist, zu der man sich im Grunde nicht zugehörig fühlt und die einen auch nicht als zugehörig sieht, auch wenn der unselige Bundespräsident Wulff den Islam als zu Deutschland zugehörig postulierte.

Inzwischen gibt es genügend Untersuchungen aus islamischen Ländern weltweit, dass die Religion als das einzige Intakte in einer ansonsten katastrophalen Umwelt als Zuflucht gilt. Die muslimischen Länder, in denen gesellschaftliche Gleichheit, Rechtssicherheit, wirtschaftliche Stabilität usw. herrschen, kann man an einer Hand abzählen.

Bis vor einigen Jahren kamen Impulse für die Gleichstellung von Frauen, für das Recht auf den eigenen Körper, für die sexuelle Freiheit usw. hauptsächlich aus dem grünen und linken Lager. Mittlerweile wird der als rechtsradikal tituliert, wenn er nicht rückhaltlos für die Zuwanderung aus muslimischen Ländern ist, in denen Frauen eben gerade nicht gleichberechtigt sind.

Mir ist vollkommen klar, dass ich mich mit diesen Sätzen der Gefahr aussetze, mit Nazi tituliert zu werden. Und dies bringt mich zu meinem eigentlichen Thema.

In einem Buch (der Titel ist mir entfallen) über Fleischkonsum war zu lesen, dass das massenhafte Töten in Schlachthöfen selbst für Hartgesottene nicht leicht ist. Um die Gewalt, die dort herrscht, möglich zu machen, muss man die Opfer diskriminieren. Denn eine „blöde Sau“ oder eine „dumme Kuh“ kann man leichter killen als ein süßes Lämmchen. Das funktioniert auch in Humangesellschaften. Wen man beschimpfen kann, mit dem muss man sich nicht inhaltlich auseinandersetzen. Das wussten schon die Nazis. Um den Holocaust durchführen zu können, mussten die Juden erst als hässliche, geldgierige Wüstlinge, die heimlich bei dunklen Ritualen die heilige Hostie missbrauchten, diskriminiert werden.

Ich gehöre zu den sog. Alt- 68ern, die dafür kämpften, die verkrusteten, autoritären Strukturen aus den 50er Jahren aufzubrechen. Unsere „Schlachtfelder“ waren der Kampf gegen die NPD, Brockdorf, Notstandsgesetze ( hey, was’n das?) usw. Aus dieser Bewegung (Apo) entwickelten sich die Grünen. Heute finde ich es teilweise erschreckend, was daraus geworden ist. Den Grünen ist es gelungen, die Meinungshoheit über alle Parteigrenzen hinweg zu erringen. Das Klima des Miteinanders ist unduldsamer geworden. Das früher wirksame Korrektiv der Medien existiert nur noch rudimentär weil alle das Gleiche schreiben.

Da die Menschen das merken, stellen sie das Lesen von Zeitungen ein, was zu noch mehr Abschreiben voneinander führt, weil massenweise Redaktionen verkleinert werden.

Wer die massenhafte, unkontrollierte Zuwanderung aus völlig inkompatiblen Kulturen, die Abschaffung und Umdeutung der deutschen Kultur, die Gentrifizierung von Sprache und Gesellschaft, den Ausstieg aus Kohle und Atomenergie und neuerdings mit großer Vehemenz den Klimawandel kritisch hinterfragt, setzt sich gesellschaftlicher Diskriminierung und Sanktion aus.

Vor ein paar Tagen las ich ein Interview von zwei Berliner Grundschullehrerinnen. Es herrschen teilweise katastrophale, gewalttätige Zustände an den Schulen. Wenn ein Kind aus einer Migrantenfamilie nicht für das Gymnasium als geeignet befunden wird, kann es schon sein, dass Väter handgreiflich werden.

Die beiden Pädagoginnen legten Wert darauf, dass ihre Namen nicht genannt werden. Angst, die eigene Meinung zu äußern. Soweit sind wir inzwischen wieder. Eine Kita in Hamburg Ottensen hat wissen lassen, dass Indianerkostümierung der Kinder wegen Diskriminierung einer Minderheit unerwünscht sei. Der Grüne Habeck forderte von A. Kramp – Karrenbauer eine Entschuldigung, weil sie sich bei einer Faschingsveranstaltung humoristisch über die Gentrifizierung der Toiletten geäußert hat. Menschen allerdings, die anderer Meinung als die Grünen sind, können völlig ungeniert beschimpft und lächerlich gemacht werden.

„Das Recht zu sagen und zu drucken, was wir denken, ist eines jeden freien Menschen Recht, welches man ihm nicht nehmen könne, ohne die widerwärtigste Tyrannei auszuüben. Dieses Vorrecht kommt uns von Grund auf zu; und es wäre abscheulich, dass jene, bei denen die Souveränität liegt, ihre Meinung nicht schriftlich sagen dürften…“, sagte Voltaire und dafür bin ich auch auf die Straße gegangen.

Es ist ein Merkmal des Faschismus, dass man andere Meinungen neben der eigenen nicht toleriert, sondern diffamiert und – wenn man die Macht hat, auch sanktioniert. Faschismus ordnet man ziemlich selbstverständlich rechts ein, aber die Meinungsdiktatur in der sozialistischen DDR war auch eine Art von Faschismus.

Er kann rechts, links und auch grün sein. Und er posaunt auch nicht heraus: „Alle mal herhören! Ich bin der Faschismus.“ Nein, er kommt auf leisen Sohlen. Man merkt ihn erst, wenn man vor einer Meinungsäußerung sagt: „Aber nennen Sie nicht meinen Namen, ich habe Angst, dass mir etwas zustößt.“

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