Wenn wir in den Medien über Yoga lesen, dann geht es meist über Asanas. Es ist die dritte Stufe im Achtfachen Pfad des Yoga.
Vereinfacht ausgedrückt soll der Körper fit für die Meditation gemacht werden. Im Hathayoga wurde diese Stufe zu einem ganzen System ausgearbeitet. Als „Gründerväter“ gelten die Yogis Goraksanath und Matsyendranat.
Nach der Physiologie des Hathayoga ist der Körper von sogenannten Nadis durchzogen. Dabei handelt es sich um feinstoffliche Energiekanäle, in denen das Prana zirkuliert. In den Texten werden Zahlen zwischen 70 000 und 350 000 Nadis genannt. Natürlich hat man versucht, sie anatomisch – stofflich zu finden, wie man ja auch vergeblich versucht hat, die Seele zu finden. Beide Versuche sind zum Scheitern verurteilt. Die Seele oder das yogische Pendant, der Purusa, ist als geistiges Prinzip nicht materiell und somit sinnlich nicht feststellbar. Genauso verhält es sich mit den Nadis. In ihnen zirkuliert Prana, die Lebensenergie. Das Stoffliche ist eine Manifestation davon. Sie selbst gehört einer anderen feineren Ebene an. In diesem Zusammenhang ist es interessant, die chinesische Entsprechung von Prana, das Chi, zu erwähnen. Hier werden die Nadis als Meridiane bezeichnet. Wenn der Fluss des Chi irgendwo im Körper stockt oder gestaut ist, in dieser Region also Krankheitssymptome auftauchen, versucht man, es durch Akupunktur oder bestimmte Körperübungen, dem Tai Chi wieder zum Fließen zu bringen. Auch im psychischen Bereich werden damit Änderungen bewirkt. Dasselbe wird durch die Yogatechniken erreicht.
Es gibt drei Hauptnadis:
1. Ida, links der Wirbelsäule, ist das kühle, weibliche Prinzip und hat als Entsprechung den Mond.
2. Pingala, rechts der Wirbelsäule, ist das heiße männliche Prinzip und hat als Entsprechung die Sonne.
3. Das Hauptnadi, die Susumna, im Zentrum der Wirbelsäule.
In „normalen“ Menschen zirkuliert das Prana durch Ida und Pingala. Dies symbolisiert den dauernden Kreislauf aus Werden und Vergehen. Essen -Ausscheiden, Wachen -Schlafen, glücklich- unglücklich usw. Auf diese Weise verwirklicht sich Shakti, die (weibliche) Schöpfungskraft und – verbraucht sich auch. Der Hathayogi will diese Kraft, die im Wurzelchakra in Form einer Schlange (Kundalini) konzentriert ist, zur Befreiung (Moksa) nutzen. Durch äußerste Konsequenz und Disziplin versucht er durch Asanas, Pranayamas und Mudras diese Kraft durch die verschiedenen Chakren entlang der Wirbelsäule nach oben bis zum Kronenchakra zu zwingen.
Man sollte sich nicht täuschen, um was es hier geht. Es ist nichts anderes als der Ausstieg aus der Dualität.
Es werden gerne Kurse in Kundalini- und Chakrenyoga angeboten. Da liegt man dann entspannt am Boden und lauscht eine Stunde einer sich steigernden Musik, dabei soll man die verschiedenen Chakren durch Farben visualisieren.
Macht manchmal Spaß und ist vollkommen sinnfrei. Gewöhnlich sagt man, die Chakren seien Energiezentren. Übersetzt heißt das, es sind Stufen des Bewusstseins. Je weiter die Kundalini in der Susumna nach oben steigt, desto weiter ist der Mensch bewusstseinsmäßig, also weg von egozentrischen Tendenzen hin zu liebevollerem, selbstlosem Verhalten.
Deutlich wird das in der Differenz zwischen Muladharachakra und Sahasrarachakra. Das eine liegt in der Gegend des Damms, das andere im Bereich des Scheitels. Das eine ist Sitz der ungezügelten Lebensenergie. Es ist das Animalische in uns. Hier geht es um Fressen, Saufen, F*****. Wenn man das dem dort angesiedelten Menschen wegnimmt, dann gibt es „was auf Fresse“ (Originalzitat der SPD – Vorsitzenden Nahles).
Ganz anders im Sahasrarachakra. Es ist der Sitz Shivas, des rein Geistigen. Hier ist der Mensch zur Erkenntnis des Purusa gelangt und hat die Dualität überwunden.
Wir alle bewegen uns zwischen beiden Polen. Die Lebensarbeit liegt darin, uns vom Egozentrischen zu emanzipieren und die Liebe zu verwirklichen.
Mein Guru, Dr. Jayadeva Yogendra, sprach immer vom Kundalini Mambo- Jambo, mit dem man die Leute veräppelt.
Man kann sich die Übungen des Hathayoga zunutze machen. Sie sind gut für Körper und Geist. Jedoch ist der Weg des Hathayoga für Menschen, die im Leben stehen, nicht gangbar. Wir können nicht konsequent von vier Uhr morgens bis elf Uhr abends meditieren, Mantras chanten, Pranayamas ausführen und nichts anderes tun.
Krishna spricht zu Arjuna vor der Schlacht: „Am einfachsten, oh Sohn Kuntis kommt der Mensch zu mir, indem er all seine Taten mir darbringt.“
Wenn es uns gelingt, immer wieder daran zu denken: „Das, was ich im Moment tue, ist ein Geschenk an das Universum oder an Gott,“ wie immer man das sieht. Dieses Denken und Handeln macht es möglich, das eigene Ego zu transzendieren und in höhere Sphären, sprich Chakren zu kommen.