Denn das Denken….

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…der Gedanken ist gedankenloses Denken. So heißt es in einem altbekannten Wortspiel.

Es gibt im Yoga den Begriff „vrtti“. Das bedeutet Gedankenwellen. Es sind die Prozesse, die in unserem Denken in jeder Sekunde ablaufen. Dazu gehören auch die Gefühle, die mit den Gedanken einher gehen. Je mehr die Denkinhalte mit uns selbst zu tun haben, desto intensiver sind die damit hergehenden Gefühle.

Patanjali unterscheidet in seinem Yogasutra 1.5 in klista und aklista. In schmerzhaft, leidvoll und nicht schmerzhaft. Gedanken, die uns mit unserem inneren Selbst purusha in Kontakt bringen, sind aklista und vice versa. Wenn wir genau hinsehen, dann sehen wir, dass letztlich alle Gedanken und Gefühle schmerzlich enden.

Selbst wenn wir Freude oder Glück empfinden oder wenn wir positive Eindrücke empfinden, so enden sie doch unweigerlich und machen vrttis von Verlust, Trauer oder Ärger Platz. Im Buddhismus gibt es dafür den Begriff dhuka. Wir kennen das alle. Wir sind in einer schönen Umgebung, laufen zum Beispiel einen Strand entlang. Die Sonne geht unter und die Wellen schlagen in ewigem Gleichmaß an den Strand. Wir sind erfüllt von erhabenen Gedanken. Nach einiger Zeit haben wir uns dann an die Eindrücke gewöhnt, sie mögen uns sogar langsam langweilen, schließlich ist es immer dasselbe und wir fangen an, an anderes zu denken, zum Beispiel in welches Restaurant wir heute Abend gehen sollen. Auf keinen Fall das, wo wir gestern waren, denn da war das Gemüse zu verkocht und der Kellner usw. usw…

Dauerhafte Freude ananda kann nur aus uns selbst kommen, denn unser innerstes Selbst ist ananda. Wir kennen alle das berühmte Beispiel vom Teich, dessen Oberfläche vom Wind gekräuselt wird und uns dadurch den Blick auf den Grund verwehrt. Deswegen lautet die Definition von Yoga: „ Yoga ist das zur Ruhe Bringen der Fluktuationen des Denkens.“ Das heißt, das Denken ist vollkommen leer. Diesen Zustand bezeichnen wir als nirodha. Wir sind dann das Selbst in uns. Dieses Selbst, purusha, identifiziert sich nicht mehr mit den Gedankeninhalten. Wir sind damit gleichsam auf dem Boden des Teichs angekommen.

Es mag an dieser Stelle die Frage aufkommen, was denn dieses „Gedankenleersein“ sein mag. Könnte es sein, dass man dann in so einer Art Schwachsinn nur noch vor sich hinstarrt? Natürlich lautet die Antwort „Nein“.

Wir können uns das an dem Beispiel von einer Filmvorführung klar machen. Die Gedanken sind die Vorgänge auf der Kinoleinwand. Da geht die Post ab: Freude, Leid, Glück, Regen und Sonne wechseln sich munter ab. Wir alle fiebern mit den Ereignissen mit. Ohne die Projektionslampe würde sich allerdings gar nichts tun. Sie ist gleichzusetzen mit dem innersten Selbst. Wenn wir dort, auf dem Grund des Teichs angekommen sind, ruhen wir in uns selbst. Es ist eine Schau der absoluten Realität ohne das störende Gewusel der Gedanken und Gefühle.

Nun ist dieses Nirodhastadium des Denkens das Höchste, was wir erreichen können. Patanjali unterscheidet fünf Grundzustände des Geistes:

mudha = deprimiert, unklar

ksipta = zerstreut

viksipta = gesammelt

ekagrata = vollkommen konzentriert

nirodha = ganz ohne Gedanken

Wenn wir im Mudhazustand sind, fühlen wir uns lustlos, deprimiert, die Welt erscheint uns grau und die Anderen mögen wir auch nicht. Wir sollten also zusehen, da schnellstens wieder heraus zu kommen.

Ksipta heißt, dass wir manchmal in der Lage sind, klar zu denken. Wir sehen, dass wir oft nur vor uns hinleben und nehmen uns immer wieder vor, dass das jetzt unbedingt anders werden muss.

Viksipta ist gesammelt. Wir sind in der Lage, in eine Richtung zu schauen. Unser Denken ist ziemlich stabil, wir haben einen soliden philosophischen Backround, der unser Leben, von den unvermeidlichen Abweichungen abgesehen, in eine positive Richtung lenkt.

Ekagrata können wir uns so vorstellen, dass wir in der Lage sind, uns auf ein Objekt zu konzentrieren und dabei auch zu bleiben. Wir kennen diesen Zustand alle: Wenn uns etwas so richtig fasziniert, sodass alles andere verschwindet. Leider können wir nicht in diesem Zustand verweilen.

Nirodha haben wir oben schon besprochen.

Was machen wir jetzt mit diesem Wissen? Darüber sprechen wir im nächsten Artikel.

(wird fortgesetzt)

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