Wölfe mitten im Mai

„Die Wölfe, Franz Marc, 1913, Albright-Knox Artgallery

Der Mensch ist ein seltsames Wesen. Er empfindet sich als ein rationales, vernunftbegabtes Wesen, dem „unvernünftigen“ Tier haushoch überlegen.

In der heutigen Ausgabe von Spiegel Online war ein Bericht über Wölfe. Im Schwarzwald riss ein Wolf vierzig Schafe. Die Tiere, die überlebten, mussten auf Grund ihrer schweren Verletzungen getötet werden.

Solche Berichte sind in letzter Zeit öfters zu lesen. Bundesweit gibt es ca. 800 Wölfe, die im Jahre 2016 über 1000 Rinder, Schafe und Ziegen getötet haben.

Zitat: „ Falls es wirklich zutreffe, dass die Risse auf das Konto eines Wolfs gehe, könne der betroffene Schäfer mit einer raschen Entschädigung rechnen.“

Die Sympathie liegt meist bei den Wölfen. Was mich bei dem obigen Zitat betroffen macht, ist die Tatsache, dass an erster Stelle die wirtschaftliche Entschädigung des Schäfers steht. Wer denkt an die Schafe? Kann man sich vorstellen, wie es sich anfühlt, bei lebendigem Leib aufgefressen zu werden?

Laut einer Forsaumfrage im Auftrag des Naturschutzbundes Deutschland (!) sind 79% der Bundesbürger dafür, dass der Wolf wieder heimisch wird.

Ich möchte hier gar nicht so sehr auf das Für und Wieder einer Wiedereinbürgerung des Wolfes in Deutschland eingehen.

Was mich immer wieder erstaunt, ist die Willkürlichkeit mit der wir unsere Sympathien verteilen. Über Millionen von sogenannten Nutztieren wird nur gesprochen, wenn wieder mal ein Fleischskandal aufgedeckt wird oder besonders widerwärtige Bilder von Tierhaltung und Tiertransporten zu sehen sind.

Wale und Delphine genießen große Sympathie. Wer denkt an den Kabeljau oder das Matjesfilet?

Das süße Kätzchen spielt tollpatschig mit der gefangenen Maus.

Natürlich weiß jeder, dass das Leben voller Tod ist. Seit der Vertreibung aus dem Paradies ist das so.

Wenn uns jemand fragt, billigen wir natürlich sofort jedem Lebewesen das Recht auf Leben zu. In manche allerdings legen wir gerne unsere ungelebten Träume hinein. Der Wolf, das freie, ungebundene Raubtier streift in königlicher Selbstbestimmtheit durch die Wälder. Damit können wir uns gut identifizieren. Auch in uns steckt ein bisschen Wolf, wenn wir manchmal aus unserem Bürosessel zum Fenster hinausschauen. Was ist dagegen ein „dummes“ Schaf?

Der Wal zieht durch die Weiten des Ozeans. Das macht der (Räucher) – Aal aber auch. Trotzdem zeiht unser Fernweh mit dem Wal und nicht mit der Sardine.

Unsere Sicht auf die Realität ist alles andere als rational. Wir projizieren unsere Gefühle, Wünsche, Abneigungen und Sehnsüchte auf die Außenwelt. Pfui Spinne möchte man sagen.

Der Yogi sieh die Welt ganz anders. Er „sieht“ nicht nur die schöne Tonschale, sondern auch den Ton und die Scherben, wenn er eines Tages zerbricht. Er nimmt das ununterbrochene Wirken der Gunas, der Grundingredienzien der Materie war. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist eins.

Dies ist nur im Zustand des Samadhi möglich. Wir Normalmenschen können uns unsere gefärbte Realitätswahrnehmung nur immer wieder bewusst machen.

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