Freiheit, die ich meine

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Es gab zu allen Zeiten Subkulturen, die Jugendliche und junge Erwachsene anzogen. Allen war gemeinsam, dass sie Ausdruck des Protestes gegen das sogenannte Establishment waren. Da gab es die Wandervogelbewegung in den Zwanzigerjahren, die Beatniks mit ihrem Sprachrohr Jack Kerouac. die Gammler und die Hippies. Die Ziele, die sie verfolgten waren ziemlich vergleichbar. Die Wandervögel zogen hinaus in die Natur, propagierten Freikörperkultur und freie Liebe. Die Beatniks zogen von Ort zu Ort, um an nichts anzuhaften. Sie lehnten feste Bindungen ab. Die Idole der Gammler waren Bob Dylan und Donovan und die Hippies standen für Love und Peace. Wenn jetzt jemand sagt, das sei stark verkürzt, dann hat er zunächst mal recht.

Ich zählte mich zu den Gammlern. Das waren die im grünen Parka und Jesusschlappen. Wir saßen am Dam in Amsterdam und auf dem Trafalgar Square in London und warteten auf irgendwas und kamen uns sehr wichtig und progressiv vor. Die Samstage verbrachte ich in einem schummrigen Keller bei billigem Rotwein und „Blowin‘ in the wind“. Aus Protest ließen wir uns die Haare wachsen. Manche wuschen sich auch selten. Viele gingen nach Indien und Nepal. Heute, wo jeder und sei es noch so ausgefallen, herum laufen kann wie es ihm gefällt, kann sich keiner mehr vorstellen, welchen Anfeindungen wir ausgesetzt waren, wenn die Haare über den Hemdkragen gingen. Das war Kampf!

Wir alle wollten frei sein. Damals gab es noch den sogenannten Kuppelparagraph. Wenn Eltern ihren minderjährigen Kindern erlaubten, im gleichen Zimmer zu übernachten, machten sie sich strafbar. Heute bringt man den Sprösslingen das Frühstück ans Bett.

Warum erzähle ich das alles?

Es ging immer um Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, freie Sexualität, politische Meinungsfreiheit, Frieden anstatt Rüstung und Leben nach eigener Fasson. Politische Heimat war die Sozialdemokratie mit Willi Brandt und seinem „mehr Demokratie wagen“. Später kamen die Grünen, die sogar die freie Liebe mit Kindern propagierten. Das Individuum stand im Mittelpunkt und sollte sich verwirklichen können in Freiheit und Unabhängigkeit.

Österreich verbot kürzlich das Tragen von Nikap und Burka. Der grüne Bundespräsident ließ darauf hin verlauten, dass es wohl irgendwann an der Zeit sei, dass alle Frauen aus Solidarität diese beiden Kleidungsstücke tragen sollten. Auch bei uns wird ja mit großer Vehemenz über das Kopftuch gestritten. Der Tenor ist, dass es ein Stück Freiheit ist, das Kopftuch zu tragen.

Was für eine Werteumkehrung zu dem, wofür wir früher kämpften! Jeder weiß, wie viel Wert Frauen auf ihre Haare legen. Indem man ihnen verbietet, sie in der Öffentlichkeit zu zeigen und bei oben genannten Kleidungsstücken das Gesicht dazu, stellt man sie unter die Kuratel eines einzigen Mannes, des eigenen. Diese Kleidungsstücke sind Instrumente der Unterdrückung. Es ist paradox, dass die sogenannte progressive Linke vehement dafür eintritt, Frauen das Recht auf diese Kleidung zu gewähren und die Österreicher gelten als autoritär populistisch, wenn sie es jetzt verbieten.

Islamische Frauen, die es besser wissen, wie Ayaan Hirsi Ali, werden als islamophob dargestellt. Lesenswert zu diesem Thema ist ihr Buch: „The caged virgin“.

Ich habe kürzlich in einem Artikel über den Streit um die Wiederaufrichtung des Kreuzes auf dem Berliner Stadtschloss geschrieben. Die Linke und die Grünen argumentieren, dass das nicht mehr nach Deutschland, so wie es heute ist, passt.

Ohne Religion geht es nicht. Sie sollten sich klar machen, dass das Kreuz das Symbol für die individuelle Freiheit für beide Geschlechter ist. Erkämpft in Jahrhunderten. Luther schrieb „von der Freiheit eines Christenmenschen“. Wiewohl die katholische Kirche in Bezug auf Gleichberechtigung der Geschlechter noch Nachholbedarf hat.

Wir Deutschen scheinen immer noch unter der Hybris zu leiden, dass wir alles schaffen, was weltweit nicht schaffbar ist, nämlich einen aufgeklärten, auf Gleichberechtigung basierenden Islam. Auch in sogenannten aufgeklärten Familien hängt die Familienehre noch all zu oft am Jungfernhäutchen der Tochter. Da gibt es dann wirklich Tendenzen in der deutschen Politik und Rechtsprechung, dass das quasi Tradition sei und man da mehr Toleranz zeigen müsse. Noch aber gilt das Postulat: „Vor dem Gesetzt sind alle gleich.“ Ich glaube das mittlerweile nicht mehr. Wie anders ist es zu erklären, dass man bei Krawallen unter moslemischen Großfamilien und Angriffen auf Polizisten durch Gruppen von Jugendlichen und Erwachsenen nicht den § 125 StGB über Landfriedensbruch anwendet?

Manchmal fällt es schwer, sich an den Yogagrundsatz: „Alles, was das Dasein bringt, ist letztlich positiv “ zu halten.

 

 

 

 

 

 

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