Pädagogik Teil 2

Die Kevinsituation:
Dienstag- morgens gegen 10.30 Uhr bei Rewe an der Kasse: Mama war dort mit Kevin (5J.) zum Einkaufen. Das Band läuft. Mama kramt in ihrer Tasche, um den Geldbeutel zu finden. Kevin hat sich inzwischen aus den kindgerecht platzierten Auslagen zwei Tüten Süßigkeiten genommen und kräht, dass er die haben wolle.
Mama ist gerade dabei, die Einkäufe vom Band im Wagen zu verstauen, der Geldbeutel ist immer noch nicht gefunden und sagt zu Kevin: „Leg‘ das bitte wieder zurück. Ich möchte nicht, dass du das nimmst.“ Kevin reagiert nicht, sondern sieht sich fröhlich im Laden um. Die Leute weiter hinten am Band schauen interessiert auf das Geschehen. Mama hat den Geldbeutel inzwischen doch gefunden und zieht die EC – Karte heraus.
„Kevin, leg‘ jetzt bitte wieder die Bonbons ins Regal.“
„Nein“
„Kevin, muss ich erst böse werden?“
„Mir egal, will ich haben.“
Die Kassiererin wird langsam ungeduldig: „Wollen Sie jetzt die Bonbons oder nicht?“
Ein Mann weiter hinten: „Andere Leute wollen auch mal dran kommen.“
Mamas Blutdruck ist inzwischen höher als ihr gut tut: „Also gut, aber das war das letzte Mal, sonst darfst du nicht mehr mit zum Einkaufen.“
Es ist nicht sicher, ob Kevin diese Worte wahrnimmt. Fröhlich, ein Bonbon lutschend, betrachtet er die Welt um sich herum.

Analyse:
Es ist anzunehmen, dass sich dieses Geschehen nicht zum ersten Mal abgespielt hat. Kevin weiß, dass Mama zwar nicht mit seinem Tun einverstanden ist, aber das macht nichts, denn zum Schluss gibt sie doch nach, um Ruhe zu haben.
Jedes Individuum, auch kleine Buben, entwickeln Strategien, um in der Welt zu überleben. Wenn sich eine Strategie als erfolgreich erwiesen hat, wird sie beibehalten. Alles andere wäre dumm.
„Never change a winning horse!“
Kevin hat gelernt, dass er nur einfach weitermachen muss. Mama gibt dann schon nach und mitnehmen wird sie ihn auch wieder.
Es wäre also ausgesprochen unintelligent von ihm, seine Strategie zu ändern, führt sie doch zum Erfolg. Und nur das zählt im Evolutionsprozess.

Was ist zu tun?
Mein Lieblingsstoiker Epiktet (55 – 135 n. Chr.) sagt in einem seiner Aphorismen sinngemäß: „ Du hast über alles, was du denkst vollkommene Kontrolle, solange es innerhalb von dir selbst ist. In dem Moment, wo du es aussprichst oder es in Handeln umsetzt, hast du absolut keinen Einfluss mehr, was passiert.“

Das heißt, was andere mit dem, was wir ausgesprochen haben anfangen, wie sie es verstehen, was sie damit machen, entzieht sich unserem Wollen. Deswegen sollten wir uns genau überlegen, was wir sagen.

Die pädagogische Regel, die wir daraus ableiten lautet:
Überlege dir, welche Anweisung du gibst und ob du in der Lage bist, sie unter allen Umständen durchzusetzen. Wenn du Zweifel hat, dass dir das gelingt, sei lieber still, sonst tritt das Gegenteil ein von dem, was du möchtest.
Wenn du also zu deinem Kind etwas sagst, dann musst du auch unbedingt und konsequent für die Einhaltung deiner Anweisung sorgen.

Kevin lernt, dass es zum Erfolg führt, wenn er nicht auf Mama hört, denn er ist ja klug (alle Kinder aller Eltern sind hochbegabt), während Mama bei jeder Gelegenheit klagt, dass Kevin so unartig ist und nicht hört.
Jürgen von der Lippe würde sagen: „Einfach mal Klappe halten.“

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