Ostern steht vor der Tür. Mit den Ostereiern rückt wieder das Schicksal der Legehennen ins Bewusstsein. Lidl verkauft Sitzhasen anstatt Osterhasen und in Franken baut man die Osterbrunnen auf.
Auf TikTok gibt es eine Kampagne gegen die „Ermordung“ der Osterlämmer. Das ist nobel und ehrenhaft. Leider wird dabei vergessen, dass es sich niemand leisten kann, eine Schafherde zu halten, wenn man sie nicht nutzt. Mit anderen Worten, es gäbe nur einige Schafe im Zoo „zum Schönstehen“.
Ostern ist aber etwas ganz anderes. Es gilt als das höchste Fest der Christenheit, denn Jesus ist aus dem Totenreich auferstanden. Er hat den Tod besiegt. Das ist die Botschaft, die den Menschen Mut machen soll, Dunkles zu überwinden und zu ertragen.
Man muss „nur“ daran glauben. In unseren, wir nennen es gern aufgeklärten Zeiten, ist glauben nicht mehr so in.
Auch intellektuell wäre manches zu sagen.
Wenn man biblische Geschichten mit dem Intellekt angeht, geraten sie rettungslos ins Hintertreffen.
Das beginnt schon mit dem Bericht über Kain, der nach der Ermordung seines Bruders Abel in ein anderes Land ging, um sich ein Weib zu nehmen. Wie das? Es gab doch nur Adam, Eva, Kain und Abel?
Patanjalis Yogasutren beschreiben den Weg des Raja-Yoga. Sie erklären, wie das Denken in die Lage versetzt wird, das Geistige in uns, das, was wir wirklich sind, zu erkennen.
Es ist Gott in uns, das, was im biblischen Ausspruch „Gott schuf den Menschen sich zum Bilde“ gemeint ist.
Raja-Yoga hat nichts mit Religion zu tun. Es ist nontheistisch. Die wahre Erkenntnis, die der Yogi zu erlangen bemüht ist, der Purusha, ist die absolute Realität, was man auch als Gott bezeichnen kann.
Es ist ein System, in dem der Mensch aus eigener Kraft, ohne Gottes Hilfe und ohne Gnade Gott werden will.
Ein schwierigeres Unterfangen gibt es nicht!
Der dänische Philosoph Sören Kierkegaard sagte einst, dass es nur möglich sei, die Grenzen des eigenen Ich-Bewusstseins zu überwinden, wenn man eine Instanz außerhalb seiner selbst zu Hilfe nähme. Zum Beispiel das ganz alltägliche „Herr, hilf mir“, das in jedem Gebet vorkommt.
Diesen Weg gibt es im Raja-Yoga nicht.
Aber – Patanjali musste zugestehen, dass Erkenntnis auch durch Devotion möglich ist. Ein Mensch, der sein ganzes Handeln, Sein, Fühlen und Denken in die Verehrung eines göttlichen Wesens stellt, erreicht dasselbe Ziel wie der Raja-Yogi.
Deshalb gibt es in seinen Sutren die kurze Abhandlung über Ishvara-Pranidhana, der Hingabe an das Höchste.
Die Bhagavad Gita ist eine Schilderung aller Yogaarten, außer Tantra.
In seinem Dialog mit Arjuna erklärt Krishna im Abschnitt über Bhakti-Yoga: „Richte all dein Denken auf mich alleine. Lass‘ es in mir aufgehen. Dann wirst du in mir leben.“
Krishna erklärt Bhakti als den schnellsten Weg zur Erleuchtung.
Nichts anderes sagt uns Ostern. Wer sein Denken und Handeln fest auf die Auferstehung des Herrn richtet, wird mit ihm „noch heute im Paradies sein“.
Ja aber…!? Nichts ja aber, so funktioniert Bhakti nicht.
Meine Patentante, die vor zwei Jahren mit 93 verstarb, war so eine Bhakti-Yogini. Für sie gab es nie den geringsten Zweifel am „Herrn“. „Der Herr sorgt für uns“ war ihr Credo. In ihren Augen war immer ein Leuchten und ihr Vertrauen war unerschütterlich, selbst als sie schon fast blind war.
Der aufgeklärte Intellektuelle mag sie als naiv bezeichnen. Ein kindliches Wesen im Spiel der Mächtigen. Aber ist er das nicht auch?
Was können wir denn mehr erreichen, als Sat Chit Ananda in unser Leben zu bringen?