Weihnachten

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Morgen feiern wir Weihnachten. Vielleicht denken wir zwischen all den Vorbereitungen und der ganzen Aktivität zwischendurch einmal an den Ursprung des Ganzen. Es heißt, Gott habe seinen Sohn auf die Welt gesandt, um sie zu erlösen. Gott ist also Mensch geworden.

Wir stehen um die Krippe auf den Weihnachtsmärkten und sehen das kleine Jesuskind und Maria und Josef. Manchmal sind auch ein richtiger Esel und ein paar Lämmchen dabei. Anschließend gehen wir zum gegenüberliegenden Glühweinstand und trinken eine Tasse.

Das alles, einschließlich der Weihnachtsgans, gehört zusammen. All das hebt uns aus dem Alltag heraus und macht unser Denken offen für eine etwas spirituellere Ebene.

Vor drei Jahren saß ich in Kambodscha einem buddhistischen Mönch gegenüber, der mir ein rotes Bändchen um das Handgelenk band. Ich sollte mir etwas wünschen. Sobald das Bändchen zerreißen würde, ginge der Wunsch in Erfüllung, so lautete die Prophezeiung.

Anfang Oktober dieses Jahres war es soweit. Beim Heckenschneiden hatte ich es, ohne dass ich es bemerkte, verloren.

Der Wunsch ging in Erfüllung! Seitdem bin ich ein Problem los, gegen das ich mein Leben lang angekämpft hatte.

Dieser Mönch hatte nichts mit dem Kind in der Krippe zu tun. Seine geistige Heimat ist der Buddhismus.

Der indische Heilige Ramakrishna realisierte Gott in seinen Meditationen. Es machte keinen Unterschied, ob er sich auf die Bibel, den Koran oder auf Kali konzentrierte.

In dem Film „Zwischen Himmel und Hölle“ von Oliver Stone, in dem er das Schicksal einer Vietnamesin im Vietnamkrieg beschreibt, kommt ein buddhistischer Priester zu Wort. Er spricht über das Rad des Dharmas. Er sagt, dass man nicht nur die guten Erfahrungen annehmen muss, sondern auch die schmerzhaften. Das Annehmen letzterer ist der Weg, eigenes Karma zu verarbeiten. Mich hat sehr beeindruckt, als er davon sprach, dass man anderen die Chance geben muss, Unrecht wieder gut zu machen. Wenn man ihnen dies verweigere, bliebe auch bei einem selbst etwas unerledigt, das später zu einem zurückkehrt.

All das sind Gedanken und Eindrücke, die geeignet sind, uns gerade zu dieser Zeit wieder etwas über die allzu menschliche Ebene zu erheben.

Gerade wenn man sich das ewige Rad des Dharmas vorstellt, dann wird deutlich, dass nichts bleibt wie es war. Ein Festhalten ist vollkommen sinnlos. Eindrücke, Erfahrungen, Gedanken sind wie Wolken, die kommen und gehen. Es kommt darauf an, sich nicht zu binden.

Ein ähnliches Bild sehen wir in der Figur des Gottes Krishna, als er auf dem Schlachtfeld von Kurukshetra dem ängstlichen Arjuna die Totalität der Schöpfung zeigt. Es gibt nichts, was stirbt. Alles ändert nur seine Form.

Gestern entdeckte ich auf Netflix einen kurzen Film über Ram Dass, einen ehemaligen Psychiater und spirituellen Führer, der in den 70er Jahren seine große Zeit hatte. Von ihm stammt das Buch „Be here now“. In seinem Buch „Schrot für die Mühle“ vergleicht er unser Leben und unser Denken mit einer Mühle. Ähnlich wie Korn, das oben hinein geschüttet wird, sind es bei uns Erfahrungen. Die Mühle verarbeitet jedes Korn und so soll es auch bei uns sein. Jede Erfahrung soll verarbeitet oder besser gesagt verwendet werden. So wie jedes Korn zu Mehl wird. Die Mühle hält nichts fest. Sie ist durchlässig, so wie auch wir sein sollten.

Was hat das mit Weihnachten zu tun?

Das Kind in der Krippe hat eine ähnliche Botschaft: „Sehet die Vögel unter dem Himmel. Sie säen nicht, sie ernten nicht und Gott erhält sie doch.“ – Sich nicht Festbeißen in Angst und Befürchtung. Vertrauen in die höheren Prozesse, die wir nur in lichten Momenten wahrnehmen.

30 Jahre später stirbt das Kindlein aus der Wiege am Kreuz und… kehrt wieder unter die Lebenden zurück. So wie Krishna dem Arjuna sagt, dass die Seele lediglich die Kleider wechselt.

Woher konnte der Mönch in Kambodscha wissen, dass ich drei Jahre später ein sehr lang wirkendes Karma lösen kann? Wieso hielt das Bändchen so lange, bis die Zeit reif war? Wäre es ein Jahr vorher durch „einen dummen Zufall“ gerissen, wäre es vollkommen sinnlos gewesen.

Weihnachten ist Gelegenheit, das Herz weit zu machen und sich der Möglichkeit zu öffnen, dass es etwas gibt – was auch immer.

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