Ich habe heute morgen Worte eines recht bekannten spirituellen Meisters gelesen.
Sie lauteten: „Wem langweilig ist, der ist aus dem kosmischen Prozess, der Leben heißt, ausgestiegen.“
Was anfänglich nicht zu verstehen ist, ist eigentlich ganz einfach: Die Essenz dieses kosmischen Prozesses ist reines Bewusstsein. An dieses können wir uns nur annähern und versuchen, so gut wie es uns möglich ist, im Hier und Jetzt bewusst zu leben. Je besser das gelingt, desto mehr entfaltet sich die Glorie des Seins. Alles ist dann interessant und wertvoll, selbst eine Fliege, die vor uns auf dem Tisch herumkrabbelt. Wie sollte da also Langeweile entstehen?
Sämtliche kosmischen Prozesse um uns herum laufen in größter Harmonie ab. Seien sie nun aus dem Bereich der unbelebten Natur, wie Wind, Wolken, Strömen des Wassers und Bewegungen der Gestirne.
Auch die Tiere folgen ihren Instinkten und leben in Harmonie, so man sie lässt. Allenfalls bei Krankheit, wie der Tollwut, fallen sie aus dieser Harmonie.
Nur der Mensch hat ein „Ding“ zu eigen, welches Segen und Fluch zu gleicher Zeit ist – das Denken.
Dieses Werkzeug setzt uns in die Lage, unser Leben und unsere Welt zu gestalten. Nehmen wir nur den Bereich, wo dies am deutlichsten wird, nämlich die Sexualität, den stärksten Trieb bei Mensch und Tier. Wer schon einmal bei Katzen, Hühnern, Pferden oder Kühen dabei war, weiß, wie unprätentiös das da abläuft, so wie es von der Natur auch vorgesehen ist. Beim Menschen ist das eine ganz andere Nummer. Das reicht von der mittelalterlichen Minne bis zu SM.
Hier wird Segen und Fluch ganz deutlich, wenn es zu Abhängigkeiten und Abartigkeiten kommt.
Im Yoga wird das Denken mit wilden Pferden verglichen, die vor einen Wagen gespannt sind. Sie können, wenn sie an die Kandare genommen werden, diesen Wagen mühelos ziehen. Allerdings können sie auch ein anderes Verhalten zeigen. Unser Denken kann uns mit Vorstellungen, Phantasien, Ängsten und irrealen Befürchtungen das Leben zum Fluch werden lassen, zumindest partiell. Wer hat nicht schon erlebt, dass er von Befürchtungen und Gedanken umgetrieben wurde, die sich dann als vollkommen unbegründet erwiesen?
Yoga ist die Wissenschaft vom Denken! Sämtliche Formen, sei es nun Hatha-, Raja-, Bhakti-, Tantra-, oder Karmayoga, verfolgen ausschließlich das Ziel, das Denken unter Kontrolle zu bekommen.
Wenn wir Probleme im Leben haben, so kommen diese ausschließlich von wild gewordenen Gedanken. Je mehr wir uns im gegebenen Moment aufhalten und nicht in Zukunftsfantasien oder Vergangenheitsgegrummel, desto fließender ist unser Dasein.
Dies lässt sich relativ einfach trainieren, wenn wir unser Leben in einen Rhythmus bringen: regelmäßiges Essen in nicht zu großen Mengen, ein nicht zu schwankender Schlafrhythmus, Affirmationen, die uns gute Gedanken bringen, sich fernhalten von Dingen, die uns nicht gut tun und die wir sowieso nicht ändern können und negativen Umgang vermeiden, zählen dazu.
Wenn wir dies auf die Reihe bekommen, ist das schon die halbe Miete. Wenn wir jetzt auch noch Bücher lesen, die uns weiter bringen und nicht nur Pipifax-Filme schauen oder stundenlang ins Handy starren, lenken wir das Denken in eine bewusstere Richtung. Im Yoga nennen wir das Svadhyaya. Ursprünglich bedeutet das, sich Gedanken über sich selbst zu machen (man könnte das auch Selbstreflexion nennen) und das Lesen der heiligen Bücher – der Puranas und Veden.
Einfach ausgedrückt: Was man rein füllt, kommt auch heraus!