Das Denken ist an Raum und Zeit gebunden und deshalb begrenzt. Wir denken linear und nicht vernetzt.
Im Yoga, basierend auf der hinduistischen und buddhistischen Tradition, sprechen wir von den Klesas. Das sind Unzulänglichkeiten in unserem Denken, die zu Leid führen. In meinem Artikel „Yogis und Revolutionäre“ vom 16. Mai 2021 bin ich ausführlich auf das erste Klesa, nämlich Avidya, auf dem die anderen vier basieren, eingegangen. Noch einmal kurz wiederholt, es handelt sich dabei um eine falsche Auffassung der Realität. Wir binden unser Herz an Dinge, die so nicht existieren. Gegenwärtig scheint endlich mal die Sonne, was heuer nicht selbstverständlich ist. Wir wissen natürlich, dass es so nicht bleibt. Wenn es dann wieder regnet, sind wir traurig oder missgestimmt. Das zeigt, dass wir eben doch insgeheim gehofft haben, dass das schöne Wetter anhält. Das bedeutet, wir fixieren unser Sein trotz besseren Wissens auf Instabiles.
Wir identifizieren unser Wohlbefinden mit dem schönen Wetter. Das ist das zweite Klesa: Asmita oder Ich-Verhaftung. Wir binden uns an das Wohlgefühl, welches mit dem sonnigen Wetter verbunden ist und halten das in dem Moment für unser Ich, aber auch das ist nur temporär. Damit sind wir bei Klesa Nummer drei: Raga. „Wenn keine Sonne scheint, geht es mir schlecht.“ Damit verbunden sind als Gegenpol Gefühle der Abneigung. Wir nennen es Dwesa. „Ich hasse schlechtes Wetter.“
Man könnte sagen, dass hinter all dem, eine große Angst steckt, nämlich die vor der Vergänglichkeit und letztlich vor dem Sterben.
Die Wahrnehmung des Yogi ist eine ganz andere. Für ihn existiert die Trennung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nicht. Er nimmt das Potential, das in der Materie ist, wahr. Er sieht nicht nur die Tonvase, sondern auch den Ton, aus dem sie hergestellt wurde und die Scherben, wenn sie zerbrochen und schließlich wieder in den Urzustand aus Lehmpartikeln zurückgekehrt ist.
Er identifiziert sich zu keiner Zeit mit einem dieser Zustände. Für ihn sind sie nur das Spiel der Gunas.
Wenn wir uns in der Welt umsehen, stellen wir fest, dass so gut wie alles Handeln auf falscher Wahrnehmung basiert. Die Urteile, die wir fällen, sind linear und nicht ganzheitlich.
Gegenwärtig beobachten wir großes Engagement in Bezug auf Rassismus und damit verbunden Kolonialismus. Zweifellos hat letzterer großes Leid hervorgebracht. Völker wurden unterdrückt und ihrer Lebensart beraubt. Was, wenn es ihn nicht gegeben hätte? Was, wenn es das größte Weltreich der Geschichte, das Britische Empire, nicht gegeben hätte? Nun, zunächst gäbe es Englisch als Lingua Franca unserer Zeit nicht. Da die Briten fast die gesamte Welt beherrschten, wurde ihre Sprache zu einem Werkzeug der Völkerverständigung.
Gehen wir zurück in Deutschlands dunkle Zeit des Naziregimes. Das einzige Land, welches damals Widerstand leistete, war England. Nun ist England eine kleine Insel und nicht fähig, aus eigener Kraft alles zu produzieren, was zu solch einem Kampf nötig ist. Zudem der Gegner auch noch ganz Europa in der Hand hatte. Ohne die Ressourcen des riesigen Weltreichs einschließlich der Herrschaft über den Suezkanal wäre die Invasion Hitlers in Großbritannien nur eine Frage von sehr kurzer Zeit gewesen. Unser großer Kriegsheld, Erwin Rommel, der Wüstenfuchs, wurde auf dem Vormarsch nach Ägypten von Feldmarschall Montgomery gestoppt. Der einzige Grund für den deutschen Afrikafeldzug war die Eroberung des Suezkanals, um den britischen Nachschub aus den Kolonien zu stoppen. Nehmen wir an, Rommel wäre in Ägypten einmarschiert. Von dort wäre es nur noch ein kurzer Weg nach Palästina gewesen und die SS hätte das spätere Refugium der Juden der Welt, das damals noch zarte Pflänzchen des Staates Israel, im Keim erstickt und auch dort wäre der Rauch der Krematorien in den Himmel gestiegen.
Hätte sich England nicht halten können, hätte es keine Invasion in der Normandie gegeben. Den Amerikanern wäre es nicht möglich gewesen, von New York aus den D-Day zu starten. Hitler hätte gesiegt.
Gegenwärtig steht die Rettung des Klimas auf der Agenda, zumal in der deutschen Politik. Dazu wird mit Macht die Elektrifizierung nicht nur des Verkehrs propagiert. Ab 2030 solle es keine Verbrenner mehr geben. Das Lithium für die riesige Menge an Akkus, die dafür benötigt werden, wird in Gegenden, die nicht in unserem Bewusstsein sind, gewonnen. Aber auch dort leben Menschen und deren Lebensraum wird durch die Förderung zerstört. In der Atacama-Wüste werden pro Tag 21 Millionen Liter Grundwasser zur Gewinnung an die Oberfläche gepumpt. Auf den Hochebenen Boliviens wird es nicht viel anders sein. Nach wie vor beutet die erste Welt die dritte aus. Dieses mal sind die sogenannten Guten beteiligt.
Das sind nur ein paar Spotlights auf Zusammenhänge, die nicht von allen gesehen werden.
Wir können nichts daran ändern. Wir sind so! Es sollte uns aber bewusst sein und uns nachdenklicher in unserem Urteil machen.