A great soul has passed away…

Gestern, am 16.2.2018, verstarb mein Yogalehrer Dr. Jayadeva Yogendra im Alter von 89 Jahren. Er hat das sicher nicht bedauert, denn für ihn ist der Tod nichts anderes als ein Hinübergehen in eine andere Existenzform.

Das Weltbild des Yoga basiert auf der Samkhya Philosophie. Ich habe darüber schon mehrmals geschrieben. Es unterscheidet zwischen Materie und Geist. Anders ausgedrückt zwischen Shiva und Shakti. Shiva, der Gott des Werdens und Vergehens, thront in tiefer Meditation auf dem Berg Kailash. Er ruht in sich selbst, ist vollkommen und an einer Schöpfung nicht interessiert. Seine Gefährtin Shakti, sozusagen seine weibliche Seite, ist die schöpferische Kraft.

So ähnlich kann man sich Geist (Purusha) und Materie (Prakrti) vorstellen. Der Geist ist in sich vollkommen, sich selbst aber nicht bewusst. Er reflektiert das, was im Materiellen um ihn vorgeht. Man könnte sagen, er gleicht einem völlig durchsichtigen Kristall. Hält man einen blauen oder roten Gegenstand davor, so erscheint er in der jeweiligen Farbe. Das ist der Grund, warum wir uns des Purushas (übersetzt, der wahre Mensch) nicht bewusst sind, sondern uns immer wieder mit dem Äußeren identifizieren.

In der Bibel des Yoga, den Yogasutren des Patanjali, wird in 195 kurzen Lehrsätzen ein systematischer Weg aufgezeigt, wie das menschliche Denken soweit geklärt werden kann, dass der Geist sich selbst erkennt, sich selbst bewusst wird, anstatt immer wieder das Außen zu reflektieren. Das ist der Sinn des Yoga.

In der Bhagavad Gita, dem Lied Gottes, erklärt der Gott Krishna dem Arjuna, dass es kein Sterben gibt. Das, was wir Sterben nennen, ist nichts anderes als ein Wechseln der Kleidung.

Ich hatte das Glück oder eher das Schicksal, einen Yogi als Lehrer zu haben. Mein Karma, wie die Inder sagen, hat mich zu ihm geführt, hat mir die Chance zu lernen geboten. Zufälle gibt es nicht im Universum. Da er tief in diesem Denken verwurzelt war, wird für ihn der Tod kein Grund zur Trauer gewesen sein. Mich macht es allerdings recht nachdenklich, weil mir seitdem ein Gedanke nicht aus dem Kopf will: Was habe ich mit seinen Lehren gemacht? Habe ich, so wie die Bibel sagt „den Weinberg, der mir übergeben wurde, weiter gebracht oder verwahrlosen lassen?“

Zwangsläufig kommen da einige trübe Gedanken. Natürlich hätte ich mehr daraus machen können, aber es gab Grenzen und Hindernisse, die innerhalb der Persönlichkeit eben da sind. Das soll keine Entschuldigung sein, aber es gibt Strukturen und Karmas im Leben, die gelebt werden müssen. Wie sagt man? Die einzige unverzeihbare Schuld ist, liegen zu bleiben, wenn man fällt, und ich meine, selbst das ist verzeihbar, falls man überhaupt mit solchen Begriffen operieren sollte. Besser könnte man sagen, dass man eben dann die Folgen zu tragen hat.

Uns werden immer wieder Signale geboten, innezuhalten und zu reflektieren. Wo bin ich? Wohin hat es mich wieder einmal abgetrieben? Wie will ich weiter gehen?

Der Tod eines großen Menschen ist solch ein Signal. Sie sind für uns Suchende Identifikationsobjekte, Leuchttürme in der tosenden See. So empfinde ich das heute am Tag nach seinem Hinübergehen.

Selbst im Tod lehrt er noch.

P.S. Man möge mir verzeihen, dass der Titel dieses Essays englisch ist, aber diese Sprache ist meine „Yogasprache“. In dieser Sprache wurde ich von ihm unterrichtet und in eine neue Welt eingeführt. Insofern passt es für diesmal.

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