In der Mitte bleiben

Auf seinem Weg zur Erleuchtung durchschritt der Buddha auch eine Phase der strengsten Askese. Nachdem er einige Jahre in den Wäldern verbracht hatte und sein Körper dem Tode nahe war, entschied er, dass dies nicht der Weg zur Erkenntnis sei und erkannte, dass es der Weg der Mitte ist, der eingeschlagen werden muss.

Das rechte Maß finden zwischen Zurückhaltung und Extraversion, oder allgemein das Gleichgewicht zwischen Yin und Yang ist eine tägliche Übung. In der Bhagavad-Gita lesen wir: „ Der Yogi isst nicht zu viel und nicht zu wenig, schläft nicht zu viel und nicht zu wenig und arbeitet nicht zu viel und nicht zu wenig.“

Was für das Individuum gilt, ist auch richtig für die Gesellschaft.

Vor einigen Jahren war ich mit meiner Familie in Südquebec, Kanada, unterwegs. Es wurde schon Abend und wir waren irgendwo in der Gegend von Montreal. Zeit, ein Motel zu suchen. Wir fuhren bei zunehmender Dunkelheit eine einsame Straße durch den Wald und entschieden, umzukehren, nachdem wir seit einer Dreiviertelstunde keine menschliche Ansiedlung mehr gesehen hatten und auch nicht absehbar war, ob eine auftauchen würde. Nun ist diese Gegend nach kanadischen Verhältnissen dicht besiedelt. Bei uns findet man so was aber gar nicht. Sehr selten passiert es, dass man nicht alle 10 Minuten auf menschliche Spuren stößt.

Ich schrieb am 1. Mai einen Essay, in dem ich auch erwähnte, dass im Schwarzwald ein Wolf 40 Schafe getötet hatte. Circa 800 von ihnen leben mittlerweile bei uns und sie dürfen nur in Ausnahmefällen geschossen werden. Die Empfehlung für Menschen bei Kontakt lautet: „Ruhig weggehen und keinesfalls erschreckt reagieren.“ Da fällt mir nur noch der paradoxe Satz „sei doch mal ein bisschen spontaner“ ein.

Ich sage es mal ganz deutlich, hier ist etwas aus der Mitte geraten!

Wenn der Kanadier keine Menschen sehen will, fährt er ein Stück hinaus und wandert wochenlang, ohne mit seinesgleichen in Kontakt zu kommen. Da ist auch Platz für Wölfe und da gehören sie hin, aber nicht in ein Land, wo man sich ständig gegenseitig auf die Füße tritt.

Heute war ich beim Reifenhändler, um Sommerreifen aufziehen zu lassen. Während des Wartens blätterte ich in einer Autozeitschrift. Das tue ich sonst nie, weil mir die Autobegeisterung dort zu unreflektiert ist. Ich las, und alle können das sicher bestätigen, dass die Belastung durch LKWs ein erträgliches Maß überschritten hat und kein Ende abzusehen ist. Vor allem fehle es an Parkmöglichkeiten. Der Vorschlag lautete, man solle fernab der Autobahnen, Areale ausweisen, weil dort der Grund auch billiger sei.

Also einfach weiter so und noch mehr Straßen und noch mehr Parkplätze. Wir alle kennen den Ausdruck „Just in time“. Das bedeutet, dass in den Produktionsprozessen die benötigten Teile eben just in time angeliefert werden. Sie kommen nicht wie früher aus dem Lager, sondern von der Straße. Viele von diesen Lastwagen sind also rollende Lagerhallen. Das bedeutet, dass die Allgemeinheit darunter leidet, damit die Firmen Geld sparen.

Zudem haben wir keine Verkehrspolitik, die diesen Namen verdient. Ein großer Teil des LKW-Verkehrs läuft auf einigen Hauptstrecken vorwiegend in Nord-Südrichtung. Warum sollte es nicht möglich sein, eine optimierte Bahnverladung zu bauen, quasi eine fließbandartige Be- und Endladung? Wenn man denn wollte!

Hier ist etwas aus der Mitte geraten!

Gestern bedrohten ca. 140 sogenannte Asylanten in Ellwangen Polizisten, als sie einen 23-jährigen Togolesen zur Abschiebung abholen wollten. Es fielen die Worte: „Wenn die Polizei wiederkommt, wird das für sie nicht mehr so glimpflich ablaufen.“ Man bezog sich dabei auf den Fund von Waffen und gefährlichen Gegenständen. Die Polizei verlautbarte, dass das Sicherheitsgefühl der Bewohner in der Gegend von Ellwangen gelitten habe.

Unser Staat ist bislang unfähig:

1. Das Asylrecht, das auf Grund der Erfahrungen aus der Hitlerzeit sehr weit gefasst ist, zu reformieren, damit weiterhin die, die wirklich politisches Asyl benötigen, es auch bekommen.

2. Ein Einwanderungsgesetz zu erlassen, das diejenigen ins Land lässt, die das Land braucht und die bereit sind, sich den hiesigen Gepflogenheiten anzupassen. Schon Shakespeare sagte: „When in Rome, do as the Romans do.“ Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

3. Missbrauch und Gesetzesverstöße so zu ahnden, wie man es gegenüber den „Ureinwohnern“ auch tut. Das heißt, wer sich nicht als Gast in diesem Lande verhält, verwirkt das Gastrecht.

Hier ist etwas aus der Mitte geraten!

Aber – es ist auch hier wie beim Bemühen des einzelnen Individuums die Kunst, die Mitte zu finden. Alles ist ein Kontinuum und nichts ist je zu Ende. Jeder Tag ist neues Bemühen.

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