Deutsches Dharma

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Kürzlich hielt ich mich auf der Blumeninsel Madeira auf. Die Tage waren ausgefüllt mit Wanderungen durch üppiges Grün und wohl immer blühenden Pflanzen entlang der Levadas, das sind horizontal an den Bergflanken entlanglaufende Bewässerungskanäle. Wir hatten ein kleines Auto gemietet und konnten uns somit auf den, dank den EU- Subventionen, sehr gut ausgebauten Autobahnen und Straßen unabhängig bewegen. Das geschah ziemlich stressfrei. Ob jemand mit vierzig dahinfuhr oder mal anhielt, um jemanden aussteigen zu lassen und dabei einen kleinen

Schwatz zu halten, alles wurde geduldig ohne Geschimpfe akzeptiert.

Wie ganz anders läuft das, wie wir alle wissen, in Deutschland ab. Ich brauche hier wohl nicht in Details zu gehen. Zwangsläufig kamen mir da Gedanken, was uns Deutsche so anders macht oder vielmehr warum.

In den östlichen Kulturen gibt es den Begriff Dharma. Man könnte das als den Weg übersetzen, der für ein Individuum entsprechend seiner Persönlichkeit vorgegeben ist. Diesen Weg braucht man nicht zu suchen, er erschließt sich einem, wenn man ihn wahrnimmt. Ich möchte das an einem ganz einfachen Beispiel erklären. Man wacht morgens auf.

Was passiert wohl als erstes? Man geht aufs Klo. Dann steht man vor dem Spiegel im Bad, sieht sich an und hat dann das Bedürfnis nach etwas Wasser. Anschließend meldet sich der Magen und man gibt ihm einiges zu tun. So geht das ganz zwangsläufig weiter. Wer seinem Dharma folgt, ist ein zufriedener Mensch. Hier kommen auch die Fähigkeiten und Eigenschaften, die man hat, ins Spiel. Wenn sich jemand gut sprachlich ausdrücken kann und auch sonst eine gute Sozialkompetenz hat, dafür aber in Mathematik gerade immer so über die Runden kam und davon träumt, Physiker zu werden, wird er wohl nicht glücklich werden, das heißt, er folgt seinem Dharma nicht. Das Dharma von Eltern ist es, ihre Kinder zu fördern, sie zu lieben und zu beschützen. Wenn ein Vater mit seinem Kleinen spazieren geht und ein bissiger Hund das Kind bedroht, muss der Vater schützend eingreifen, auch wenn er den Hund töten muss. Wenn er zum Beispiel dann meint, dass der arme Hund auch Rechte hat, verletzt er sein Dharma als Vater. Es gibt also Prioritäten.

Die Inder sagen, erst kommt das Dharma sich selbst gegenüber, dann das der Familie, der Gruppe, des Landes, der Welt und des Universums.

Auch Länder haben ihr Dharma. Was ist das Dharma der Deutschen? An dieser Stelle ist es leicht, in Verallgemeinerungen zu verfallen. Was aber wohl unstrittig ist, ist die Gründlichkeit, mit der wir an die Dinge herangehen. Alles ist sauber und ordentlich, bis ins Kleinste geregelt. Wenn wir uns zu etwas entschlossen haben, dann ziehen wir das auch durch. Dasselbe gilt, wenn wir etwas als richtig erkannt haben. Wir sind wohl das einzige Volk der Welt, das nachts an einer roten Ampel stehen bleibt, obwohl weit und breit kein Auto in Sicht ist. Wir rühmen uns unserer Ehrlichkeit und dass wir gerade heraus sind. Der Soziologe Norbert Elias beschreibt in seinem Werk über den Prozess der Zivilisation diesbezüglich den Unterschied zwischen uns und den Franzosen. Hier erscheinen wir als eher polternd und nicht sehr gewandt im Benehmen. Während der Franzose zumeist höfisch (davon kommt höflich) parlierend agiert, schallt es bei uns eher grob aus dem dunklen Tann des berühmten deutschen Waldes. Kein Volk hat eine Musik wie die Wagners hervor gebracht mit quasireligiösen Begriffen wie Gral und Götterdämmerung.

Emanuel Geibels: „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen…“ – oft missverstanden, ist meines Erachtens nicht ganz von der Hand zu weisen. Es hat im Verbund mit unseren anderen Eigenschaften teilweise schreckliche Folgen gezeitigt. Hitler wollte Europa von den Juden befreien. Dazu wurde mit der sprichwörtlichen deutschen Gründlichkeit eine regelrechte Vernichtungsindustrie aufgebaut, die in ihrer Unmenschlichkeit einmalig war. Ein nicht geringer Prozentsatz folgte ihm blindlings. Es sollte durch die perverse Rassenlehre nichts weniger als ein neuer Mensch entstehen, der nordische Mensch, der allen anderen überlegen ist.

Gegenwärtig ist wieder ein Gesellschaftsexperiment großen Stils im Gange. Das „Deutsche“ in Deutschland soll in einem Verbund von linken Parteien mit den Hauptmedien sagen wir mal, aufgelockert werden. Dazu werden unter Bruch sämtlicher Gesetze wahllos Menschen aus aller Herren Länder ins Land gelassen. Die Vehemenz, mit der das durchgesetzt werden soll, ist erschütternd. Wer anders denkt, wird auf erschreckende Weise diffamiert. Wie gesagt, wenn, dann gründlich, was immer es auch sei.

Frankreich hat ca. 60 Kernkraftwerke. Bei uns werden sie aufgrund einer einsamen Entscheidung der Kanzlerin abgeschaltet. Da wir überwiegend westlichen Winden ausgesetzt sind, genügt ein größerer Unfall und wir haben die Folgen mitzutragen. Wind stoppt nicht an Grenzen. Mein Kaminofen, der ca. 35 Jahre in Betrieb war, musste aufgrund schärferer Abgasregelungen ausgetauscht werden. Er brennt jetzt wahrscheinlich in Tschechien weitere 100 Jahre friedlich vor sich hin. Auch der Ostwind stoppt nicht an der deutschen Grenze.

Es ist etwas schrecklich Konsequentes in unserem Volkscharakter oder Dharma. Das kann sehr tiefschürfend sein oder es kann grauenhafte Auswirkungen haben.

Als ich das erste Mal im Yogainstitut war, bekam ich als Karmayoga- Aufgabe den Auftrag, die völlig unsortierten Schlüssel für die durchwegs verschiedenen Schlösser des Instituts zu sortieren und zu kennzeichnen. Es gelang mir. Worauf Dr. Jayadeva sagte: „Only a German could do that.“

Vielleicht sollten wir, als Vielwegfahrer bei unseren Ausflügen in Länder mit gelassenerer Lebenseinstellung ab und zu daran denken, wofür wir als Deutsche auf der Welt sind. Geben wir Impulse in die richtige Richtung? Teilweise sicher! Aber wir sollten dies auf „südlichere“ Art tun.

 

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