Fun, Fun, Fun – oder Eigenverantwortung?

In Duisburg sind bei der diesjährigen Love Parade Menschen ums Leben gekommen oder schwer verletzt worden. Dies ist tragisch. Wie bei all solchen Ereignissen ist jetzt die Suche nach den Schuldigen in vollem Gange. Der Oberbürgermeister wird mit Rücktrittsforderungen überschüttet. Der Veranstalter soll Sicherheitswarnungen nicht beachtet haben. All dies ist notwendig denn Besucher können erwarten, dass die jeweilige Veranstaltung optimal organisiert ist.
Was mich aber schon verwundert, ist, dass kein Wort bezüglich der Eigenverantwortung der Besucher laut wird. Wenn ich mit meiner Frau durch Volksfeste bummele und wir an Stellen kommen wo sich die Menschen ballen, schauen wir uns an und sagen: „Das tun wir uns nicht an.“ Und drehen um. Ich sehe seit Jahren Filmaufnahmen der Love Parade mit Hunderttausenden von mehr oder weniger zugedröhnten Besuchern. Die Sanitäter sind im Dauereinsatz wegen Alkoholvergiftung und Wegkippen durch Drogenmissbrauch. Hinterher sieht es aus als wenn ein Hurrikan über das Gelände gebraust ist.
Wir sind 2005 mit den Fahrrädern den Rhein hinab bis Rotterdam gefahren und begegneten auf dem Weg Tausenden von jungen Leuten, die zum Jugendtreffen mit dem Papst in Köln unterwegs waren. Wir sahen Veranstaltungen auf der Pilsmeile in Düsseldorf und in der Innenstadt von Köln. Was uns beeindruckte, waren die allseits fröhlichen Gesichter und dass trotz dieser Großveranstaltung kein Dreck auf dem Boden lag. „Ha“, höre ich da: „Schon wieder so ein verklemmter Sauberkeitsfanatiker!“ Das ist es nicht, sondern Dreck beleidigt einfach mein ästhetisches Empfinden und es ist auch kein Zeichen von Achtsamkeit, alles um sich zu verstreuen und Yoga hat sehr viel mit Achtsamkeit zu tun.
Ich will hier nicht der katholischen Jugend das Wort reden. Aber es ist ein spiritueller Hintergrund da, der das Verhalten in, wie ich meine, positiver Richtung bestimmt. Wohingegen in Duisburg eine große Anzahl Leuten zusammenkamen, die Spaß um jeden Preis wollten, der gefälligst geliefert werden sollte. Von wem? Von den Veranstaltern, von den DJ’s, von den Brauereien und den Extasydealern? Im Bewusstsein dessen stürzt man sich dann unbekümmert oder sollte ich eher sagen ohne eigenes Verantwortungsbewusstsein ins Getümmel und stellt dann entsetzt fest, dass einem niemand das eigene Denken abnehmen kann.
Der Oberbürgermeister wollte etwas für seine Stadt tun. Das ist löblich. Vielleicht wollte er sich ein Denkmal setzen. Der Veranstalter wollte Geld verdienen. Die Besucher wollten ein zugedröhntes Wochenende. Das sind, bis auf das erste, alles Motive, die in der Ethikskala nicht sehr weit oben stehen. Wenn man den Karmagedanken ernst nimmt, das jede Handlung ein ihr entsprechendes Resultat zeitigt, dann muss man sich nicht wundern. Niemand sollte sich allerdings jetzt überlegen fühlen. In der einen oder anderen Weise sind wir alle manchmal in ähnlichen Situationen.
Diese Haltung: „Ich will Spaß, jetzt und um jeden Preis“ zerstört die Persönlichkeit, Beziehungen und unseren Planeten. Denn wenn das, was man glaubt, dass es einem zusteht, nicht geliefert wird, dann glaubt man das Recht zu haben, sich beschweren zu können.
Warum werden eigentlich nicht so einfache Fragen gestellt wie: „Haben Sie das Gedränge vor sich nicht gesehen? Warum sind sie nicht umgekehrt? Haben Sie nicht daran gedacht, dass es gefährlich sein könnte, wenn Hunderttausend Angetrunkene in eine Richtung laufen, ohne links und rechts zu schauen? Usw.“

Letztes Jahr starben beim Zugspitzlauf Menschen, weil sie in Unterhemd und Turnhose in sehr schlechtes Wetter kamen und erfroren. Später versuchte man, den Veranstalter dafür verantwortlich zu machen. Er hätte die Kleidung besser kontrollieren müssen.
Da frage ich mich schon, wo wir eigentlich gelandet sind. Ziel des Yoga ist, in Selbstverantwortung zu geistiger und spiritueller Reife zu kommen. Dazu gehört Achtsamkeit für mich und meine Umgebung. Dazu gehört innere und äußere Selbstwahrnehmung. Dazu gehört eine gewisse Selbstdisziplin und das Bemühen, die Zusammenhänge in diesem Universum immer sensibler wahrzunehmen.
Wenn dies alles zu den persönlichen Lebenszielen gehört, kann Leben gelingen. Wenn hemmungsloser Hedonismus vorliegt, kann es schief gehen.
Wer anders als man selbst ist dafür verantwortlich?

G.Pflug, Krondorf, Juli 2010

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